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Landesbeauftragte ermuntert Kommunen, Gemeinderäte und Mitarbeiter überprüfen zu lassen Tausende wollen ihre Stasi-Akte sehen

Auch mehr als 20 Jahre nach dem Ende der DDR wollen Menschen wissen, ob
sie bespitzelt wurden und was die Staatssicherheit über sie wusste.
Selbst wenn die Zahl der Anträge sinkt - von Desinteresse am Thema kann
keine Rede sein.

13.01.2014, 01:26

Magdeburg (dpa). 8280 Sachsen-Anhalter wollten 2013 in ihre Stasi-Akten sehen. "Das ist schon ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr 2012", sagte Birgit Neumann-Becker, Sachsen-Anhalts Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR. Sie gab allerdings zu bedenken, dass die Zahl der Anträge seit 1992 - damals wurde die Möglichkeit eröffnet - immer wieder geschwankt habe. Alles in allem sind seitdem in Sachsen-Anhalt etwa 372.000 Anträge gestellt worden. Im Spitzenjahr 1992 gingen fast 80.500 Anträge ein.

Die Außenstelle Halle zählte im vergangenen Jahr fast 3500 Anträge, die Außenstelle in Magdeburg gut 4800. "Wir hatten vor zehn Jahren schon einmal einen ähnlichen Stand in Halle. Wir leben nicht in einer Welt kontinuierlicher Steigerungen, sondern wir leben hier mit Schwankungen", sagte Becker-Neumann. Häufig gebe es Anlässe für die Anträge auf Akteneinsicht. Etwa 2009, als die Wende 20 Jahre zurücklag, seien die Antragszahlen gestiegen. Aber auch private Anlässe wie Klassentreffen oder Familienfeiern seien häufig Antrieb.

"Wir haben in diesem Jahr bei den Beratungstagen, die wir im Land verteilt anbieten, ungefähr 1500 Menschen beim Beantragen der Akteneinsicht begleitet." Dabei habe sich gezeigt: "Die Leute überlegen sich das sehr gut. Sie denken darüber sehr lange nach, ob sie wirklich wissen wollen, was da drinsteht. Sie haben sich also auch lange dagegen entschieden." Bei rund zwei Dritteln der Anträge handele es sich um einen Erstantrag, bei den anderen gehe es etwa um die Entschlüsselung von Decknamen. Antragsteller dürfen den Namen derjenigen erfahren, die nachweislich über sie berichtet haben.

Leicht zugenommen haben laut Neumann-Becker die Anträge für verstorbene Angehörige. 2012 habe der Anteil bei rund 10 Prozent der Erstanträge gelegen, 2013 bei rund 12 Prozent.

Mit Blick auf die Kommunalwahlen in diesem Jahr plädierte Neumann-Becker dafür, weiter Gebrauch von der Möglichkeit der Überprüfung gewählter Vertreter zu machen. "Ich finde es ein Zeichen für Transparenz und für Klarheit. Es ist die vorletzte Möglichkeit. 2019 hätten wir die letzte Möglichkeit der Überprüfung der kommunalen Vertretungen." Bis dahin können Mandatsträger und Mitarbeiter in Behörden und öffentlichen Ämtern auf eine Stasi-Mitarbeit überprüft werden.

Becker-Neumann ergänzte: "Das ist etwas, das mich im Moment sehr bewegt, weil ich wahrnehme, dass es bei manchen so eine gewisse Müdigkeit gibt." Andererseits kämen sehr viele Menschen zu ihr, die ihre Biografie klären lassen und rehabilitiert werden wollen. "Wenn man diese Menschen nicht aus dem Blick lässt, gibt es keine wirkliche Begründung, zu sagen, wir verzichten auf die Überprüfung auch von kommunalen Abgeordneten."