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Kosten für den Unterhaltsvorschuss drücken immer mehr auf Sozialhaushalt des Landes Vater Staat zahlt 30 Millionen Euro Alimente

Wenn Eltern keine Alimente zahlen können oder wollen, springt der Staat
in die Bresche. 30 Millionen Euro müssen Land und Landkreise in diesem
Jahr als Unterhaltsvorschuss zahlen - und bekommen nur wenig davon
zurück.

Von Christopher Kissmann und Andreas Stein 21.01.2014, 01:25

Magdeburg l Er kann sich wahrlich "Landesvater" nennen: Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zahlt für mehr als 22.000 Kinder in Sachsen-Anhalt Unterhalt - beziehungsweise einen Vorschuss, obwohl er mit der Vaterschaft nichts zu tun haben dürfte. Mit 29,97 Millionen Euro schlägt der Posten im Sozialhaushalt des Landes zu Buche.

Die Kosten für die 1980 in Deutschland eingeführte Pflichtaufgabe teilen sich Bund, Land und Landkreise zu je einem Drittel - letztere müssen 2014 ebenfalls knapp 15 Millionen Euro für die Alimente berappen. Und obwohl die Zahl der Alleinerziehenden in Sachsen-Anhalt in den vergangenen zehn Jahren von 138.000 auf 82.000 gesunken ist, sind die Kosten für Land und Landkreise im gleichen Zeitraum von 19,4 auf knapp 30 Millionen Euro gewachsen.

Belastet sind vor allem die großen kreisfreien Städte. Beispiel Magdeburg: Hier liegen die Kosten seit Jahren um die 4,7 Millionen Euro. Noch dramatischer ist die Lage in Halle - 2011 und 2012 schrammte die Händelstadt sogar an der Sechs-Millionen-Euro-Marke vorbei. Die Kämmerer können die Kostensteigerungen nur ohnmächtig hinnehmen. Zum einen wurden 2010 die Kostensätze für den Unterhaltsvorschuss angehoben, zum anderen wird regelmäßig der am Netto-Einkommen bemessene Selbstbehalt unterhaltspflichtiger Eltern erhöht: 2007 von 820 auf 900 Euro, 2011 auf 950 Euro und 2012 auf 1000 Euro. Angesichts der vergleichsweise geringeren Brutto-Gehälter im Osten müssten deshalb viele Elternteile gar keinen Unterhalt zahlen - und die Alleinerziehenden gehen gleich zum Jugendamt.

Das beobachtet auch Manfred Ernst, Landesvorsitzender im Interessenverband Unterhalt und Familienrecht. Für viele Betroffene sei es der einfachere Weg, den staatlichen Vorschuss zu nehmen und ihm die Auseinandersetzung mit dem Ex-Partner zu überlassen, als sich selbst zu streiten.

Denn es liegt bei den Jugendämtern der Landkreise, über Jahre hinweg regelmäßig Einkommen und Vermögenslage des anderen Elternteils zu prüfen - ein langwieriger und bürokratischer Aufwand, der nur wenig Früchte trägt. 2013 konnten in Sachsen-Anhalt immerhin 18,3 Prozent des gezahlten Unterhaltsvorschusses wieder eingetrieben werden. Damit liegt das Land im Bundesschnitt. In sozial schwachen Kommunen wie Halle sind es dagegen nur 15 Prozent.

Pflichtaufgaben wie Sozialhilfe und Unterhaltsvorschuss engen den Spielraum von Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) immer mehr ein. "Viele Posten können wir nicht beeinflussen. Der Sozialetat ist mit knapp 1,2 Milliarden Euro zwar groß, doch davon sind gerade einmal drei Prozent freiwillige Leistungen", sagte Bischoff der Volksstimme.

Er hofft auf ein neues Bundesleistungsgesetz. "Das würde das Land bei der Eingliederungshilfe oder dem Blindengeld deutlich entlasten."