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Landrat soll zur Tatzeit in Geldnot gewesen sein Neue Details erhärten die Vorwürfe der Bestechlichkeit von Finzelberg

23.01.2014, 01:18

Magdeburg l Nach dreieinhalb Jahren Ermittlungen scheint die Staatsanwaltschaft Stendal kurz vor der nächsten Anklage gegen Lothar Finzelberg zu stehen. Vorwurf diesmal: Bestechlichkeit in besonders schwerem Fall.

Wie aus Unterlagen des Landgerichts Magdeburg hervorgeht, soll Finzelberg zwischen 2004 und 2008 mindestens 210.000 Euro von den Geschäftsmännern Edgar E. und Uwe S. kassiert haben.

Im Juni 2010, als die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, hat der Landrat die Vorwürfe vehement bestritten. Er sprach von einem "einstellungsreifen" Verfahren. "Ich werde mich mit allen Mitteln wehren. Man hat gegen mich einen Sturm entfacht. Ich werde dafür sorgen, dass ein Orkan folgt", hatte Finzelberg vor Journalisten auf einer Pressekonferenz angekündigt. "Ich kann Ihnen versichern, dass alle Anschuldigungen gegen mich haltlos sind."

Überzogener Dispo mit Bargeldeinzahlungen ausgeglichen

Sein damaliger Verteidiger, Sachsen-Anhalts jetziger Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), witterte sogar einen sich "anbahnenden Justizskandal".

Tatsächlich ist über mehrere Jahre offen geblieben, was die Staatsanwaltschaft wirklich gegen Finzelberg in der Hand hat. Die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen Uwe S., einem mehrfach verurteilten Straftäter, war von der Verteidigung stets angezweifelt worden.

Knapp vier Jahre hat der Genthiner Geschäftsmann von seiner siebenjährigen Strafe verbüßt. Im August 2012 ist er vorzeitig aus der Haft entlassen worden - wohl auch deshalb, weil er zu den Bestechlichkeitsvorfällen mit Finzelberg ausgesagt hat.

Doch wie nun aus den Gerichtsunterlagen hervorgeht, stützt sich die Staatsanwaltschaft nicht nur auf die Aussagen von S. - verschiedene Ermittlungsergebnisse scheinen den Tatverdacht zu verdichten:

1. Neben Uwe S. hätten mehrere Angestellte des Landkreises ausgesagt und Angaben dazu gemacht, wie die Genehmigungen für den Tongrubenbetreiber erteilt worden seien.

2. Telefonate Finzelbergs und seiner Mitarbeiter seien abgehört, Daten von Telefonanschlüssen und Faxgeräten ausgewertet worden. Außerdem seien verschiedene Unterlagen wie Kalendereinträge usw. sichergestellt und ausgewertet worden.

3. Die wirtschaftskriminalistische Prüfstelle soll die Konten Finzelbergs ausgewertet haben. Demnach sei dessen finanzielle Situation zu den Tatzeiten schwierig, der Geldbedarf hoch gewesen. Überziehungen des Dispokredits seien durch Bargeldeinzahlungen und Kreditaufnahmen ausgeglichen worden.

Diese Ermittlungsergebnisse werfen Fragen auf. In mindestens acht Fällen soll Finzelberg Geld für die Beeinflussung behördlicher Bewilligungsverfahren zu den Tongruben kassiert haben. Wofür könnte Finzelberg die Hunderttausenden Euros gebraucht haben? Wie ist der hohe Geldbedarf des Landrats angesichts seines Einkommens von monatlich 5500 Euro netto zu erklären?

Lothar Finzelberg schweigt zu den Vorwürfen

Verliert er einen möglichen Bestechlichkeitsprozess, dürfte der 60-Jährige vor einem hohen Schuldenberg stehen. Im Jahr 2010 musste er bereits 210.000 Euro für die Sicherung der Ansprüche des Staates hinterlegen. Diesen Betrag soll er sich von einem guten Bekannten geliehen haben: von der Treuhandgesellschaft Dietmar Enderleins. Dieser hatte das Burger Kreiskrankenhaus im Jahr 2004 als Medigreif-Chef "zu guten Konditionen" erworben, wie ein Informant der Volksstimme sagte. Welche Verbindung haben Enderlein und Finzelberg zueinander? Bekannt ist: Unterlegene Bieter hatten damals überlegt, den Verkauf juristisch anzufechten, sich dann aber dagegen entschieden.

Obwohl langsam Licht ins Dunkel zu fallen scheint, sind noch viele Fragen offen. Lothar Finzelberg will sich gegenüber der Volksstimme nicht äußern. Er versucht, sich in der Öffentlichkeit unbeeindruckt von den Ermittlungen und Prozessen zu geben. Im Mai sind Kommunalwahlen. Auf dem Neujahrsempfang des Landkreises hat er vergangene Woche seine erneute Kandidatur als Landrat angekündigt.