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Polizei-Ausbilder berichten über Auslandseinsätze "Das ist eine echte Grenzerfahrung"

Ob in Afghanistan, im Sudan oder Kosovo - immer wieder helfen Polizisten
aus Sachsen-Anhalt, in Krisenländern staatliche Strukturen neu
aufzubauen. Sie gehen dabei freiwillig Risiken ein.

25.01.2014, 01:19

Magdeburg l Polizeioberkommissar André König zieht sich noch einmal die Krawatte zurecht und schaut an sich hinab. Seine dunkelblaue Uniform sitzt. Am Freitagvormittag ist König zusammen mit vier weiteren Kollegen zum Empfang bei Holger Stahlknecht (CDU) eingeladen. Der Innenminister möchte ihnen persönlich für etwas danken, was keineswegs selbstverständlich ist.

König und seine Kollegen helfen freiwillig in krisengeschüttelten Ländern beim Aufbau einer Polizei. "Die Männer, auf die wir in Afghanistan gestoßen sind, haben nie etwas wie eine Ausbildung gehabt", berichtet König.

Insgesamt zwei Jahre hat der 35-Jährige deshalb als Verbindungsoffizier der Nato am Hindukusch gearbeitet, hat mit dem "German Police Project Team" dafür gesorgt, dass afghanische Polizisten professionell ausgebildet werden. Neben der Organisation praktischer Schulungen für Ordnungshüter bestand Königs Aufgabe auch darin, den afghanischen Polizeiapparat intern aufzubauen. "Ich habe unter anderem Dienstposten und Stellenpläne ausgearbeitet", erzählt er. Mittlerweile erhalte auch jeder Polizist regelmäßig seinen Lohn, den er mit einer EC-Karte abheben kann.

"Wer das besteht, hat ein gutes Standbein für das normale Leben." - Oberkommissar André König

Der Oberkommissar aus Weißenfels weiß aber auch, dass es in Afghanistan noch weiterhin viel zu tun gibt. "Der Drogenanbau hat in den vergangenen Jahren wieder zugenommen", berichtet König. Die afghanische Polizei müsse weiter gegen Korruption kämpfen und sich um Anerkennung bei den Bürgern bemühen. "Aber wir haben die Voraussetzungen geschaffen, dass das funktionieren könnte", sagt König, alles Weitere liege bei den Afghanen.

Doch warum begibt man sich freiwillig in ein Land, in dem Entführungen und Bombenanschläge noch immer auf der Tagesordnung stehen? König sagt, "das ist eine echte Grenzerfahrung, die mich reizt." Entscheidend sei, auf solche Einsätze gut vorbereitet zu sein. "Ich habe mich beim internationalen Zentrum der Polizei-Fachhochschule in Aschersleben ausbilden lassen, deshalb konnte ich dann auch mit den Gefahren umgehen."

Seine Familie habe allerdings auch zunächst erschrocken reagiert, als er ihr erzählte, in Afghanistan helfen zu wollen. "Da waren lange Gespräche notwendig", sagt König. "Wichtig ist, dass man sich auch auf den \'schlechtesten Fall\' vorbereitet."

"Wir haben einen roten Knopf - wird er gedrückt, komme ich nach Hause." - Polizeioberrat Uwe Günther

Für König sei es beruhigend zu wissen gewesen, dass sich das Land im Ernstfall um seine Familie kümmern würde. Letztlich kann er dem ganzen gar etwas Gutes abgewinnen: "Für die Familie und die Ehe ist das eine Prüfung. Wer das besteht, hat ein gutes Standbein für das normale Leben." Und nicht zuletzt nehme König auch Positives aus seinem Einsatz mit: "Das Land, die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen haben mich verzaubert, ich habe viele internationale Freundschaften geschlossen - auch bei der Nato."

Polizeioberrat Uwe Günther ist hingegen vor Kurzem aus dem Kosovo zurückgekommen, es war sein zweiter Aufenthalt. "Im Jahr 2000 war ich zwölf Monate dort und zuletzt 19 Monate", erzählt der 48-Jährige aus Weißenfels. Seine Aufgabe bestand darin, im Rahmen der Eulex-Mission die Grenzen zu Serbien zu schützen, Haftbefehle zu vollziehen und Gefangenen-Transporte zu sichern.

In den zehn Jahren, die zwischen seinen Aufenthalten liegen, habe sich im Kosovo dank des internationalen Engagements viel geändert. "Wahlkämpfe werden nicht mehr mit Kalaschnikow-Gewehren, sondern mit Plakaten geführt, es gibt Strom und Wasser, eine intakte Infrastruktur", zählt er auf. Auch die Polizei habe Fortschritte gemacht.

Wie König habe auch Günther seine Familie von seinen Einsätzen erst überzeugen müssen. Er hat mit ihr eine Verabredung getroffen: "Wir haben einen \'roten Knopf\' - wird er gedrückt, komme ich nach Hause", erzählt er. Bislang geht das ganz gut, darum will sich Günther im kommenden Jahr auch für einen Einsatz in Afrika melden.