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Erster "Storywalk" im Magdeburger Breiten Weg Lesen ist doch ein Spaziergang

Den wohl bundesweit ersten "Storywalk" hat die Stadtbibliothek gestern
eröffnet. In zwölf Schaufenstern im Breiten Weg können Kinder dabei ein
Bilderbuch Seite für Seite entdecken. Ein US-Student brachte die Idee
aus seiner Heimat nach Magdeburg.

Von Stefan Harter 04.02.2014, 02:21

Magdeburg l Die Begeisterung darüber, dass seine Idee vom Lesespaziergang tatsächlich umgesetzt wurde, ist Eric Bartolotti anzusehen. Während die Jungen und Mädchen aus dem Hort St. Mechthild als erste Kinder von Geschäft zu Geschäft eilen, ist er immer dabei und liest mit ihnen gemeinsam die Geschichte vom kleinen Muffelmonster.

Der US-Amerikaner, der bereits für ein zweites Semester an der Hochschule in Magdeburg Fachübersetzer studiert, hatte davon erstmals in Boston gehört. "Ich hatte die Idee in meinem Kopf und bin dann einfach damit in die Bibliothek spaziert", erzählt der 25- Jährige. Dort war man sofort begeistert, schließlich geht es um eine der Hauptaufgaben einer Bibliothek: Kinder zum Lesen zu animieren.

Mit Unterstützung der Stiftung Lesen und des Bundesbildungsministeriums wurden ausreichend Exemplare des Bilderbuchs "Tschüss, kleines Muffelmonster" von Julia Böhme und Franziska Harvey angeschafft. In der Händlergemeinschaft im Nordabschnitt des Breiten Wegs fanden sich schnell weitere "Storywalk"-Fans.

Geschichten beim Spaziergang entdecken

Siegfried Brink, Geschäftsführer eines Reisebüros, lobt die Idee und hofft natürlich auch darauf, dass mehr Kunden angelockt werden. Schließlich sollen die Magdeburger Kinder gemeinsam mit ihren Eltern und Großeltern zwar hauptsächlich die Geschichte entdecken. Wenn aber der ein oder andere auf das, was noch im Schaufenster liegt, aufmerksam wird, ist auch kein Händler traurig.

Die erste Seite liegt in der Verbraucherzentrale aus, von dort leiten Hinweise zum nächsten Geschäft, ähnlich wie bei einer Schnitzeljagd. Das Ende der Geschichte liest man passenderweise im Schaufenster der Stadtbibliothek. Dort kann man sich das Buch und seine Fortsetzungen natürlich auch gleich ausleihen.

Ob gleichzeitiges Gehen und Lesen typisch amerikanisch sei, will Bibliothekssprecher Maik Hattenhorst im Pressegespräch von Eric Bartolotti wissen. "Es ist typisch für mich. Ich mag lesen, Bewegung und Geselligkeit, alles was schön und gut ist in dieser Welt", antwortet er. Der "Storywalk" verbinde all das. Das Projekt wurde ursprünglich von Anne Ferguson aus Montpelier in Vermont (USA) erstellt und in Zusammenarbeit mit der Vermont Bicycle und Pedestrian Coalition und der Kellogg-Hubbard Library entwickelt.

Modellprojekt läuft vier Wochen

Geht es nach Bibliotheksmitarbeiterin Miriam Schmidt, kann die Aktion gern Schule machen, wenn sie nach vier Wochen vorbei ist. Sie betreut das Projekt in Magdeburg und sagt: "Wir werden sehen, wie wir es fortsetzen." Vielleicht gibt es den "Storywalk" bald auch in anderen Städten in Sachsen-Anhalt oder in Deutschland. Ein guter Anfang wären auch die Stadtteilbibliotheken, merkt Siegfried Brink an. "Man könnte es auch weiterspinnen, dass eine Schulklasse ein eigenes Buch schreibt und daraus einen \'Storywalk\' macht", ergänzt Miriam Schmidt.

Dass der Premieren-Spaziergang in relativ kurzer Zeit zusammengestellt wurde, hat einen guten Grund. Eric Bartolotti geht in der kommenden Woche nach Jordanien. Die Bibliothek wollte aber unbedingt, dass der Ideengeber die Umsetzung noch miterlebt. "Dafür bin ich auch sehr dankbar", sagt er. "Mal schauen, ob ich es in Amman auch so gut machen kann", ergänzt er, nachdem die "Testkinder" mit einem lauten und einstimmigen "Ja" auf die Frage antworten, ob es ihnen gefallen hat.