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Hallenser Tonstudio Metrix Media für Filmton-Awards nominiert Sound-Zauberer fliegen zur Krönung nach Kalifornien

Am 2. März werden in Los Angeles die Oscars verliehen. Zwei Wochen
vorher vergibt der US-Branchenverband für Filmtonstudios seine Awards.
Auch das Hallenser Metrix-Studio wurde überraschend nominiert.

Von Oliver Schlicht 04.02.2014, 02:23

Halle l Martin Langenbach läuft auf der Stelle. Er ist Geräuschmacher. Sein Studio sieht aus wie ein Gebrauchtwarenlager. Sogar eine Küche und eine Badewanne mit Wasseranschluss hat er in seinem "Reich". Die Fußboden-Dielen unter seinen Turnschuhen geben ein dumpfes Geräusch von sich. Das Mikrofon nimmt den leisen Klang sauber auf. Eine Stimme aus dem Lautsprecher beendet den "Spaziergang". Draußen im Aufnahmestudio ist der Tonmeister zufrieden. Wieder ist ein kleiner Soundschnipsel der neuen Folge "Soko Leipzig" im Kasten.

Zehn Mitarbeiter arbeiten je nach Auftragslage für Metrix-Media in Halle. Das Tonstudio - noch zu DDR-Zeiten gegründet - ist schon seit Mitte der 1990er Jahre eine bekannte Adresse vor allem für die Nachproduktion von TV- und Kinofilmen. Mit dem Umzug 2007 in das hoch modern ausgestattete Hallenser Multimediazentrum (MMZ) - eine Art Gewerbezentrum für Kreative der Medienbranche - hatten die "Metrixer" auch zunehmend mit großen internationalen Kinoproduktionen zu tun.

Hochwasser spielte dem Tonstudio übel mit

Doch das Hochwasser, was das mehrere Millionen Euro teure Profistudio im Keller des MMZ unter Wasser setzte, spielte der Firma übel mit. "Unser erster Gedanke war, das war es jetzt", erinnert sich Tonmeister und Geschäftsführer Olaf Mehl. Aber wie das Schicksal so spielt: Manchmal liegen Erfolg und Rückschlag eng nebeneinander.

Während die Mitarbeiter nach monatelangen Provisorien in neu eingerichteten Studios im Technologie- und Gründerzentrum immer noch ein bisschen über die Baustelle stolpern, trudelte vor zwei Wochen aus dem fernen Los Angeles eine unfassbare Nachricht ein: Die Hallenser sind nominiert für den "Golden Reel Award" in der Kategorie "Beste Klangbearbeitung in einem nicht englischsprachigen Spielfilm".

Auf hohe Anerkennung stieß ihre Arbeit für den Film "Das Mädchen Wadjda", eine saudi-arabisch-deutsche Koproduktion. Der Film erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens, das entgegen den Konventionen in seiner Heimat das Fahrradfahren erlernen möchte.

Sound-Oscar ist höchste Auszeichnung für Tonstudios

Nicht die Film-Akademie, die den Oscar vergibt, sondern die Organisation "Motion Pictures Sound Editors" (MPSE) lobt die Auszeichnungen aus. Aber nach dem "Sound-Oscar" sind die "Awards" des US-Branchenverbandes die höchste Auszeichnung für Tonstudios auf der ganzen Welt.

"Die zeitliche Nähe zur Oscar-Verleihung ist nicht ganz zufällig. Denn in der Regel sind dann viele große Produzenten und Regisseure in der Stadt und kommen auch zur MPSE-Gala", erzählt Olaf Mehl. Unter anderen habe sich zur Preisverleihung am 16. Februar "Avatar"-Regisseur James Cameron angekündigt. Mehl wird mit seinen beiden Mitarbeitern Sebastian Heyser (Dialog-Bearbeitung) und Sebastian Schmidt (Sound-Design) in die USA reisen. Beide haben den "Wadjda"-Film maßgeblich mitgestaltet.

Der Film über das Fahrrad-Mädchen ist der erste Kinofilm aus Saudi-Arabien überhaupt. Er entstand unter anderem mit Mitteln der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM), wodurch der Kontakt nach Halle zustandekam.

Regisseurin Haifaa Al Mansour ist mit ihrer Jung-schauspielerin Waad Mohammed ein berührender Streifen gelungen, der unter anderem beim Filmfestival in Venedig und auch mit dem Friedenspreis des deutschen Films ausgezeichnet wurde.

Viel zu tun mit Hintergrundgeräuschen

"Wir hatten da ziemlich viel zu tun mit Hintergrundgeräuschen", erzählt Olaf Mehl. Absperrungen für Filmaufnahmen - so etwas kennt man in Saudi-Arabien noch nicht. "Und wenn jemand mit dem Moped losfährt, drückt er immer erst einmal die Hupe. Das war schon nervig." Der Film sei zwar von professionellen Tontechnikern aus Deutschland aufgezeichnet worden, aber die Nachbearbeitung sei sehr viel schwieriger gewesen als bei vergleichbaren Projekten. Vor allem in dramaturgisch leisen Momenten des Films - eine emotional anrührende Szene spielt auf einem Hausdach zwischen der Mutter und ihrer Tochter - sei die Herausforderung des Tons gewesen, möglichst wenig Ton zu hören.

Die Movie-Sound-Vereinigung MPSE gibt es in den USA schon seit 1953. Für den Award der besten Klangbearbeitung eines nicht englischsprachigen Films sind insgesamt vier Filme nominiert. Neben "Wadjda" ist das unter anderem der französische Erotik-Film des Jahres "Blau ist eine warme Farbe" über die lesbische Liebe zwischen zwei jungen Mädchen.

Aber Dabeisein ist für die Hallenser alles. Am 16. Februar sind sie live in Los Angeles dabei. Die Flugkosten muss Olaf Mehl für sich und seine Mitarbeiter selbst bezahlen. "Egal, da müssen wir hin. Schließlich sind dort viele wichtige Produzenten unterwegs." Und hat er einen schwarzen Smoking? "Ja. Ich bin auch hierzulande immer mal auf Filmbällen unterwegs", erzählt er schmunzelnd.