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Prozess am Landgericht Magdeburg Harzer "Olsenbande" scheitert am Geldautomaten

Von Matthias Fricke 20.02.2014, 02:23

Magdeburg/Quedlinburg l Der Plan soll beim Grillen im Garten ausgeheckt worden sein: Die Sprengung eines Geldautomaten an der Tankstelle Quedlinburg. Doch es ging schief. Der Tresor hielt stand, während die Kameras die Tat samt Anreise mit eigenem Auto filmt. Am Mittwoch begann der Prozess.

Wer genau die Rolle des Egon Olsen unter den vier Harzer Angeklagten im August vergangenen Jahres übernommen hat, ist für die 5. Große Strafkammer des Magdeburger Landgerichtes zurzeit noch unklar. Aber ähnlich wie in der dänischen Kriminalkomödie gab es einen scheinbar genialen Plan, der am Ende scheiterte.

Laut Anklage werden Rick H. (25 Jahre) und Heiko P. (38 Jahre) beschuldigt eine "Explosion herbeigeführt" und den Einbruch in die Tankstelle begangen zu haben. Ein weiterer in Untersuchungshaft befindlicher Angeklagter, Stefan P. (27 Jahre), soll den Coup mit vorbereitet haben. Seine 25-jährige Frau Jenny machte sich zumindest der Beihilfe schuldig, so der Vorwurf. Beide haben gemeinsam drei Kinder. Die Hauptangeklagten zeigten sich bereits zum Prozessauftakt geständig.

Kokser Rick fuchtelt mit der Pistole herum

Demnach soll es so abgelaufen sein: Nach dem Grillabend fahren das Ehepaar und die beiden weiteren Angeklagten gegen 23 Uhr zunächst nach Hause "um sich frisch zu machen". So beschreibt es zumindest der geschiedene 38-jährige Heiko P. Er hat keine eigene Wohnung, hält sich deshalb immer bei dem Ehepaar aus Thale auf.

Rick H., der wie er selbst sagt gerne Mal eine Linie Kokain zieht, braucht dafür unbedingt Geld und beteiligt sich deshalb an der Tat. Mit dem Toyota, der ursprünglich Heiko P. gehörte, fahren die beiden Angeklagten Rick H. und der Familienvater Stefan P. zu einer Werkstatt, um zwei Gasflaschen und Schläuche zu holen. Diese befinden sich auf dem umgebauten Rücksitz des Wagens, als sie zurück am Treffpunkt in Thale erscheinen. Heiko P.: "Ich war zu hell gekleidet, da habe ich von Stefan noch eine dunkle Jacke bekommen. Ich würde sonst zu schnell auffallen."

Kokser Rick zieht sich an diesem Abend gleich zwei Linien und fuchtelt entsprechend aufgeputscht mit seiner Pistole herum. Er will in diesem Moment aber nur Eindruck schinden, wie er später vor Gericht beteuert. Geladen sei die Waffe wohl nicht gewesen.

Es rummst mächtig gewaltig, doch der Tresor hält

Irgendwann nach Mitternacht fahren die Angeklagten an der Tankstelle vor. Doch dort halten sich noch Jugendliche auf. So kreisen Rick H. und Heiko P. mit dem Toyota und das Ehepaar in einem anderen Auto um den Tatort herum. Erst kurz nach 3 Uhr ist die Luft rein. Das Ehepaar parkt auf der Straße gegenüber. Heiko P. schraubt vorher noch die Kennzeichen vom Auto ab. Dann fahren beide an der Tankstelle vor.

Die Sprengung und der Einbruch selbst dauern nur drei Minuten. Mehrere Videokameras zeichnen alles auf. Zunächst zerren sie die Schläuche aus dem Kofferraum. Der 25-Jährige steckt diese in den Schlitz des Automaten im Außenbereich. Auch ein Zündkabel gehört dazu. Beide gehen in Deckung und schon rummst es mächtig gewaltig, wie Benny zu Egon Olsen im Film sagen würde.

<6>In der Wirklichkeit verschafft sich Kokser Rick mit einem Vorschlaghammer Zutritt durch die Glastür in den Shop. Dort stellt er fest: Der Tresor hat standgehalten. Die Sprengwirkung des Gasgemisches reichte nicht aus.

Polizei kommt schnell auf die Spur der Tresorbande

<7>Ohne Licht fahren sie zur nächsten Kreuzung und schrauben dort die Kennzeichen wieder an. Sie fahren weiter in Richtung Hexentanzplatz. Dort verstecken sie im Wald die Gasflaschen und Schläuche. Sie fahren zurück nach Thale, treffen sich mit dem Ehepaar. Nach Aussagen von Heiko P. habe Stefan P. ihn angeraunt: "Wenn ich rausbekomme, dass es doch geklappt hat, ist was los!" Die Polizei kann ihn einige Wochen später beruhigen. Es hat nicht geklappt. Die Beamten kamen nach einer Öffentlichkeitsfahndung schnell auf den 38-jährigen Heiko P., der den Beamten alles erzählte.

Der Strafrahmen bei den angeklagten Verbrechen liegt zwischen einem und 15 Jahren Freiheitsentzug. Am Freitag wird die Verhandlung fortgesetzt.