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Chefrequisiteur am Theater Magdeburg braucht Improvisationstalent Erik Neßler macht Regie-Träume wahr

Ohne Erik Neßler und sein Team sähe die Bühne im Theater Magdeburg ganz
schön trostlos aus. Kein Tisch, keine Tasche, kein Tamtam. Aber der
43-Jährige lässt als Requisiteur Dekorationsträume der Regie wahr
werden.

Von Elisa Sowieja 08.03.2014, 02:22

Magdeburg l Wer mit Durst oder Kohldampf die Küche der Requisiteure durchforstet, sollte gut aufpassen - Verwechslungsgefahr! In dem Kanister mit der roten Flüssigkeit, die im Kühlschrank lagert, ist kein Kirschsaft, sondern Kunstblut. Und das saftig anmutende Hühnchen auf dem Tisch ist fleischlos - es besteht aus Plastik.

"Manchmal kochen wir aber auch etwas Richtiges", erzählt Erik Neßler. "Auf der Bühne wird nämlich oft gegessen." Zum Leidwesen der Schauspieler. Denn für liebevolles Süppchen-Abschmecken haben die Requisiteure keine Zeit. "Manchmal werf´ ich zumindest einen Stengel Petersilie drauf", scherzt der 43-Jährige.

Seit fünf Jahren ist er Chefrequisiteur am Magdeburger Theater. Zehn Kollegen arbeiten unter ihm. In den Beruf ist er über lange Zeit hineingewachsen. 1986 machte Neßler im Haus eine Lehre als Tischler, danach arbeitete er als Bühnentechniker und Bühnenmeister. "Bei uns hat jeder einen anderen Beruf erlernt", erzählt er. Der eine ist Schlosser, der nächste Elektriker, ein anderer Pyrotechniker. "Der Job lebt von Erfahrungen."

Die und jede Menge Improvisationstalent helfen ihm, auch die ausgefallensten Wünsche von Regisseuren zu erfüllen - seien es echte Vögel im Käfig oder Berge von Sand, der aber keiner sein darf, weil er zu sehr staubt. In ersterem Fall bastelte Neßler Federn unter künstliche Vögel, sodass sie sich bewegten wie richtige Piepmätze. In letzterem - eine Aufgabe für die Inszenierung des "Rosenkavaliers" - organisierte er Maisspindelgranulat. Das sieht aus wie Sand und ist theaterfreundlicher.

Erste Adresse für extravagante Wünsche ist das Internet. "Wir ersteigern viel bei Ebay", erzählt der Magdeburger. Manchmal wird das Team auch vor der Tür fündig. Neßler und seine Kollegen stöbern nämlich gern in Ein-Euro-Läden herum. Dort finden sie so einigen Schnickschnack, der sich gut auf einer Bühne macht. Angenehmer Nebeneffekt: Diese Einkäufe tun dem Geldbeutel gut. Denn pro Inszenierung haben die Requisiteure nur mehrere hundert Euro zur Verfügung.

Sonderwünsche: Lebendige Kunstvögel und Sand, der nicht staubt

Vieles müssen sie aber gar nicht neu kaufen. Denn im Fundus des Theaters stehen auf 600 Quadratmetern Regale voll von Requisiten aus den vergangenen Jahrzehnten. Dort lagern Unmengen von Koffern, Geschirr, Spielsachen, Büchern, Kunstblumen, Instrumenten... Und Geld. Kein echtes, selbstverständlich.

"Theatergeld brauchen wir in vielen Stücken. Wir haben säckeweise davon", berichtet der Deko-Fachmann. Damit im Supermarkt zu zahlen, würde allerdings nicht mal bei einer halbblinden Kassiererin funktionieren. "Die Scheine sind größer als echte, und sie haben einen auffälligen Aufdruck."

Manchmal verbringen die Requisiteure Tage damit, sich durch den riesigen Fundus zu wühlen. An anderen Tagen schneiden und kleben sie wie wild oder klicken sich durch Internet-Angebote. "Bei uns ist kein Tag wie der andere", sagt Neßler. "Das ist das Spannende an dem Beruf."