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Frau außer Lebensgefahr Balkon-Absturz ähnelt Unfall-Serie in Köln

Dutzende Magdeburger Notleitern wurden möglicherweise nicht statisch getestet. Wie die Stadtverwaltung der Volksstimme bestätigte, reichte bei älteren Modellen wie dem an der Immermannstraße offenbar eine "Bauzustandsbesichtigung".

25.03.2014, 02:19

Magdeburg l Der Absturz eines Notbalkons in Magdeburg, bei dem drei junge Menschen schwer verletzt wurden, weist Parallelen zu mehreren Fällen in Köln auf. Dort hielt um die Jahrtausendwende eine Serie mehrerer ähnlicher Fälle die Stadt in Atem.

So stürzte etwa im Dezember 2000 ein Ausstiegspodest eines Hauses ab, als ein Mann dort einen Teppich zum Trocknen aufhängen wollte. Der Mann starb noch an der Unfallstelle. Im Juli 2001 stürzten während einer Party vier Jugendliche in die Tiefe. Auch sie hatten eine Notplattform betreten. Zwei starben, zwei wurden schwer verletzt.

Damals hatten die Untersuchungen ergeben, dass in allen Fällen die Befestigungen mangelhaft waren, Dutzende Notleitern überarbeitet werden mussten. Eine Überprüfung des Partyunglücks mit zwei Toten hatte ergeben, dass bei der Bauausführung geschlampt worden war. So war das Notpodest, das in die Tiefe rauschte, nur mit jeweils zwei Schlossschrauben in zehn Millimeter-Kunststoffdübeln befestigt.

Magdeburger Notbalkon nicht geprüft

Was zum Absturz des Notbalkons an der Magdeburger Immermannstraße geführt hat, steht noch nicht fest. Wie die Stadt der Volksstimme aber inzwischen bestätigte, wurde die Notleiter vom Bauordnungsamt nicht statisch geprüft.

"Die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt sah in der zur Zeit der Anbringung der Rettungsleitern geltenden Fassung keine Bauabnahme durch die Bauaufsichtsbehörden vor", heißt es in einem Schreiben. Stattdessen räumte die Bauordnung der Behörde eine Bauzustandsbesichtigung ein. "Die Bauzustandsbesichtigung der unteren Bauaufsichtsbehörde beinhaltet keine statisch-konstruktive Abnahme der Anlage", heißt es aus dem Magdeburger Rathaus.

Demnach seien der Bauherr und die anderen am Bau beteiligten Personen, wie zum Beispiel die Bauunternehmer, für die Einhaltung der technischen Regeln verantwortlich. Die Unternehmer müssten gegenüber den Bauaufsichtsbehörden eine Erklärung abgeben, dass die Bauausführung fachtechnisch korrekt war.

Neue Notleitern-Prüfung für Magdeburg noch offen

Bis wann diese alte Bauordnung galt und wie viele Notleitern in Magdeburg so abgenommen worden sind, konnte bis Redaktionsschluss nicht geklärt werden. Auch nicht, ob nun möglicherweise in Magdeburg wie in Köln um die Jahrtausendwende auch Hunderte Notleitern neu überprüft werden müssen.

Wie die Polizei inzwischen bestätigte, sollen die beiden Männer (24 und 26) noch in dieser Woche befragt werden. Die Frau (25) ist nach Informationen der Volksstimme aus dem künstlichen Koma erwacht und befindet sich nicht mehr in Lebensgefahr. Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Die drei Freunde waren mit dem Notbalkon einer Feuerleiter fast 14 Meter in die Tiefe gestürzt. Das Eisengestell hatte sich aus der Verankerung gelöst. Laut Ermittlern hielten sich die Freunde gleichzeitig auf der Plattform auf, vermutlich um sich zu sonnen. Der Sturz wurde durch im Hof geparkte Autos, auf denen die Plattform landete, abgefedert.

"Zur Klärung der Unfallursache und der Frage, ob Sorgfaltspflichtverletzungen durch Dritte zu dem Unfall geführt haben, wurde ein Bausachverständiger in die Ermittlungen einbezogen", sagt Frank Baumgarten von der Staatsanwaltschaft Magdeburg. Wann hier mit Ergebnissen zu rechnen ist, stehe noch nicht fest. Von der Polizei heißt es, frühestens in drei Wochen.