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Müllentsorgung Magdeburg Scheitern die Tarifverhandlungen, geht es richtig los

Nachdem die Müllabfuhr am Donnerstag für höhere Löhne gestreikt hatte,
musste sie die ausgefallene Tour am Sonnabend nachholen. Die Volksstimme begleitete die Männer bei ihrer Arbeit.

Von Stefan Harter 31.03.2014, 03:24

Magdeburg l Karl-Heinz Gauptys, genannt Kalle, ist ein wahrer Schrank von einem Mann. Nicht umsonst wirkte sein entschlossenes Gesicht an der Seite seines Kollegen Michael Köhler besonders eindrucksvoll, als die Volksstimme am Freitag über den Streik der Müllmänner berichtet. Mehr Lohn wünschen sich er und seine Kollegen. Während die anderen streikenden Verwaltungsmitarbeiter einfach am nächsten Tag weitermachen konnten, mussten Kalle und seine Kollegen am Wochenende die im wahrsten Sinne des Wortes liegen gebliebene Arbeit nachholen: 230 Tonnen Restmüll.

Punkt 7 Uhr rollen die 21 Müllfahrzeuge vom Hof des Städtischen Abfallwirtschaftsbetriebs in der Sternstraße, unter ihnen auch Kalle Gauptys mit seinem Team. Seit über fünf Jahren sind er, Matthias Starost und Maik Maßmann gemeinsam im Westen Magdeburgs unterwegs.

Auf dem Boden ihres Wagens liegt ein Hufeisen. "Das haben wir mal gefunden. Ein bisschen Aberglaube darf sein", sagt Kalle. Er steuert das Müllfahrzeug, seine beiden Kollegen stehen hinten auf einem kleinen Tritt und ziehen, schieben und hieven die voll beladenen Tonnen zum Greifer, der sie packt und ihren stinkenden Inhalt in den Wagen kippt. 11,5 Tonnen passen dort rein, bevor die Technik sagt: Mehr geht nicht.

Der Vorteil der Sonnabendsarbeit

Gleich in der ersten Straße, der Mellinstraße am Rande Stadtfelds, an der ersten Tonne kommt ein älterer Herr auf das Trio zu. "Jetzt geht`s los", sagt Kalle und meint eine mutmaßliche Schimpftirade. "Das haben wir oft", sagt er. Doch Irrtum, der Herr will nur genau wissen, wann welcher Müll abgeholt wird. Dass das am Donnerstag wegen des Streiks nicht passiert ist, stört ihn nicht. "Bei uns hier ist es nicht so schlimm", sagt er. Kalle bestätigt: "Hier trennen die Leute viel gewissenhafter. In Neu-Olvenstedt ist das oft anders." Weiter geht es zur Bundeswehrkaserne und in das Eigenheimgebiet dahinter.

Offentsichlich schlafen die Leute noch oder sitzen am Frühstückstisch. Niemand ist auf der Straße, als die Müllmänner ihre nachgeholte Runde drehen. Das sei der Vorteil, am Sonnabend zu arbeiten, es ist viel weniger los auf der Straße. Der offensichtliche Nachteil: Das Wochenende ist gelaufen. "Wir sind am Ende bestraft", meint Kalle. Und trotzdem würden sie es wieder machen.

Heute soll es noch einmal Tarifverhandlungen geben, erzählt Kalle, wenn die scheitern, "dann geht es aber richtig los", sagt er. Wenn dann mehrere Tage der Müll liegen bleibt und die Tonnen überquellen, dann wird man schon einlenken, so die Hoffnung.

Nach 28 Dienstjahren ist der Lohn eng

Matthias Starost schimpft: "Alles wird teurer, Miete, Schulbücher. Wenn die Diäten erhöht werden, reißen die Politiker die Arme hoch. Darum streiken wir." Kalle bringt als Alleinverdiener 1600 Euro nach Hause. "Es ist eng", sagt er. Mit 28 Dienstjahren ist er bereits am Ende der finanziellen "Fahnenstange", eine höhere Gehaltsklasse gibt es nicht.

Nachdem Kalle Gauptys als Symbolbild des Streiks am Freitag in der Zeitung groß rausgekommen war, seien die Reaktionen unterschiedlich, aber größtenteils positiv gewesen. "Endlich einer, der was sagt", hätten viele gemeint. Eine Kollegin aus der Verwaltung erklärte ihm "Respekt". Dass "von oben" keine Reaktion kam, habe ihn durchaus überrascht. Aber selbst wenn: "Ich nehme kein Blatt vor den Mund und habe vor niemand Angst", sagt er. Die Argumentation des Oberbürgermeisters, dass Verwaltungsmitarbeiter mit im Schnitt 50000 Euro gut verdienen, hatte er bereits am Donnerstag abgewatscht und bekräftigt erneut: "Wenn wir so viel verdienen würden, würden wir doch nicht streiken."

Die Nachholtour führt sie weiter durch Neu-Olvenstedt. Gegen 15 Uhr werden sie fertig sein. Dann ist auch für die Müllfahrer Wochenende. Bis zum nächsten Streik, falls die Verhandlungen ohne Ergebnis bleiben und die Tonnen für einen höheren Lohn auf unbestimmte Zeit stehen bleiben werden.