1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt gehen die Richter aus

EIL

Spätfolge der Wiedervereinigung Sachsen-Anhalt gehen die Richter aus

Von den derzeit 800 Staatsanwälten und Richtern im Land sind mehr als
die Hälfte auf nur zehn Jahrgänge verteilt. Diese werden bald in
Ruhestand gehen. Jetzt schlagen die Richter Alarm.

Von Matthias Fricke 04.04.2014, 03:20

Magdeburg l In einigen Berufen machen sich allmählich die Spätfolgen der Wiedervereinigung bemerkbar. Vor allem auch bei Richtern und Staatsanwälten. Ab 2024 werden mindestens 50 von ihnen jedes Jahr in Rente gehen. Etwas später dürften es sogar jährlich 67 sein.

Nicht einberechnet sind Vorruheständler und Abwanderer. "Angesichts dieser Lage und einer langen Ausbildungszeit muss das Land rechtzeitig gegensteuern. In anderen Bundesländern gibt es schon jetzt Probleme, qualifizierten Nachwuchs zu finden", sagt Markus Niester, Vorsitzender des Richterbundes Sachsen-Anhalt.

Ruhestandswellen auch in Thüringen und Sachsen

Auch andere Ost-Länder sind von den Ruhestandswellen betroffen. So treten im Freistaat Sachsen in zehn Jahren sogar 130 Richter und Staatsanwälte pro Jahr ab. Thüringen schickt von 2020 bis 2024 gut 18 Prozent und ab 2025 rund 43 Prozent seiner Richter in den Ruhestand.

Der Grund für die Welle: Nach Abschluss der Überprüfungen im Oktober 1991 wurden in Sachsen-Anhalt 195 ehemalige Bedienstete in einem Richterverhältnis auf Probe aufgenommen. In den folgenden fünf Jahren wuchs die Zahl der Beschäftigten auf 838. Jeder vierte "Neue" wurde aus den alten Bundesländern nach Sachsen-Anhalt versetzt. Der weitaus größere Anteil startete seinen Dienst direkt nach dem Referendariat. Ute Albersmann, Sprecherin im Justizministerium: "Wir sind bemüht, die Altersdurchmischung zu verbessern.

Sachsen-Anhalt hofft auf Jura-Studenten

So sollen im Rahmen des Personaltauschs ältere Bedienstete in andere Bundesländer versetzt und im Gegenzug jüngere Richter beziehungsweise Staatsanwälte übernommen werden." Darüber hinaus wolle man bereits im Vorfeld des zu erwartenden massiven Personaleinbruchs verstärkt richterliches Personal einstellen. "Das kann allerdings nur im Rahmen des durch die Landesregierung zur Verfügung gestellten Neueinstellungskorridors erfolgen", so Albersmann.

Doch der sieht im Moment dünn aus. Für die gesamte Justiz sind nur fünf Neueinstellungen für den höheren Dienst vorgesehen. Wenn dafür Richter oder Staatsanwälte eingestellt werden würden, müssten andere Bereiche komplett verzichten. Regulär gehen 2015 fünf Richter in den Ruhestand. Ein Jahr später sind es acht, danach schon zwölf. Albersmann: "Wir haben aber vor, bis zum Jahr 2016 vier Planstellen für Richter und Staatsanwälte abzubauen."

Sachsen-Anhalts Justizministerium sieht vor allem im Anstieg der Jura-Studenten-Zahlen in Halle einen Lichtblick. Markus Niester vom Richterbund meldet Zweifel an: "Die meisten wollen Anwälte werden und suchen sich Stellen mit besseren Verdienstmöglichkeiten."