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Landkreisvergleich Staßfurt verliert Ranking

Der Salzlandkreis, speziell die Stadt Staßfurt, haben bei einem
Vergleich von allen 402 Landkreisen in Deutschland durch das Magazin
Focus sehr schlecht abgeschnitten. Das Leben hier sei zwar günstig, aber
dafür hässlich und trist.

Von René Kiel und Franziska Ellrich 04.04.2014, 01:21

Staßfurt l "Nirgends lebt man in Deutschland so günstig wie im Salzlandkreis. Leider heißt das auch: geringe Jobchancen und wenig Wohlstand." Das schreiben die Autoren des Magazins Focus. Ihr Eindruck von Staßfurt: "Staßfurt, Zentrum des Kostensiegers Salzlandkreis, bietet mit seinen vielen leerstehenden Häusern und bröckelnden Fassaden ein eher tristes Bild. Dafür ist es wirklich günstig: Ein Zimmer mit Internet kostet 18 Euro die Nacht. In der Innenstadt parkt man kostenlos neben dem Geschäft `Preisbombe` und erhält eine Bratwurst am Stand für 1,30 Euro..."

Diese Zeilen kann nun jeder auf der Homepage des Magazins lesen. Oberbürgermeister der Stadt, René Zok, will dieses Negativ-Image nicht hinnehmen. "Die Darstellung unserer Stadt ist oberflächlich." Viele Bürger würden sich hier wohl fühlen und empfinden die Stadt als lebenswert. Der Salzlandkreis belegte in dem Ranking deutschlandweit Platz 365 von 402 Kreisen und kreisfreien Städten. Platz 395 beim Thema Wohlstand und Platz 392 im Blick auf Jobchancen. Den ersten Platz gibt es in der Top Zehn der Regionen mit den niedrigsten Kosten und den letzten im Bereich Infrastruktur und Wohnen.

Laut Focus sprechen Mieten, Baulandpreise und Grundsteuer für die Region - die Finanzsituation dagegen. Zu viele Schulden und zu wenig Einnahmen lassen keine Investitionen des Kreises zu. Für die Bewertung noch ausschlaggebend: Die Übernachtungszahlen. Geht es nach dem Magazin, muss eine Region, die viele Gäste anzieht, auch Lebensqualität bieten.

Diese Rechengrundlagen sorgen für Unmut im Kreis. Der Landtagsabgeordnete Peter Rotter (CDU) sagt: "Ich finde eine solche Berichterstattung ganz furchtbar und an den Haaren herbeigezogen. Da werden Äpfel mit Birnen verglichen." Bei einem solchen Vergleich dürfe man nicht außer Acht lassen, dass die Stadt Staßfurt zu DDR-Zeiten über vier Großbetriebe und viele andere Firmen verfügte." Der Umbau der Wirtschaft nach der Wende habe zur hohen Arbeitslosigkeit geführt.

Eine Frage der Vergleichbarkeit

Um die deutschen Landkreise im Thema Wirtschaftlichkeit zu vergleichen, spielte die Arbeitslosenquote eine Rolle - die Gründe dafür aber nicht. Der Salzlandkreis landete am unteren Ende des Rankings, weil die Bevölkerungszahl um mehr als einen Prozent im Jahr sank und es weniger Erwerbstätige gibt. Zur Vergleichbarkeit: Das verfügbare Einkommen privater Haushalte liegt laut Focus bei 16 149 Euro je Einwohner im Kreis und bei 25 585 Euro je Münchner - genau das könnte im Zusammenhang mit unterschiedlichen Ausgaben für Wohnen und Leben stehen.

Doch für den Focus spiegeln "die niedrigen Kosten auch unattraktive Lebensbedingungen wider". Das sieht Ex-Innenminister Manfred Püchel (SPD) anders: "Ich lebe gern in der Region Staßfurt." Der Etgerslebener warnt vor derartigen Vergleichen. "Nackte Zahlen sagen gar nichts aus." Auch Püchel erinnert an die schwierige Ausgangslage. "Wenn man sieht, was in den letzten 25 Jahren geschaffen wurde, kann man stolz sein, auf das, was wir erreicht haben. Wer vor 25 Jahren das letzte Mal hier war, erkennt die Städte und Dörfer nicht mehr wieder". So sieht es auch Rotter: "Wir sind auf einem guten Weg." Er lobt den Stadtumbauprozess im Rahmen der Internationalen Bauausstellung, dem auch der Stadtsee zu verdanken ist.

Oberbürgermeister Zok verweist in diesem Zusammenhang auf den Umbruch nach der Wende, die hohe Arbeitslosigkeit und den Verlust von mehr als 10 000 Einwohnern. Andererseits habe es enorme Anstrengungen von der Kommune, der Wohnungs- und Baugesellschaft sowie von anderen Wohnungsbesitzern gegeben, um die Gebäude auf Vordermann zu bringen und mit einem Farbanstrich zu versehen. Und dort, wo die Fassaden bröckeln, kämen nicht selten westdeutsche Grundstückeigentümer ihrer Verantwortung nicht nach.

"Ich kenne sehr viele sanierte Gebäude in Staßfurt, die einen freundlichen und ansprechenden Eindruck hinterlassen", sagt Zok. Allerdings räumt der Oberbürgermeister auch ein, dass es in der Stadt auch noch Ecken gebe, die der besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Wenn die Focus-Autoren zynisch vom kostenlosen Parken in Staßfurt schreiben. Dann ist genau das für Zok "ein Standortvorteil, den man zur Verbesserung des Innenstadthandels beibehalten will."