1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Im Doppelpack am Beckenrand

EIL

Zwillinge als Schwimmbadchefs Im Doppelpack am Beckenrand

Ralf und Thomas Schult sind Zwillingsbrüder und haben vieles gemeinsam - den Job zum Beispiel. Der eine leitet die Schwimmhalle in Wernigerode, der andere die Bäder der Stadt Oberharz. Ein Doppelporträt zum heutigen Tag der Geschwister.

Von Katrin Schröder 10.04.2014, 03:16

Wernigerode l Manchmal erlauben Ralf und Thomas Schult sich einen kleinen Spaß. Neulich hat Ralf Schult seinen Bruder Thomas eingeladen, einen Vortrag vor dem Landespräsidium der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) zu halten. Ralf Schult ist seit 24 Jahren DLRG-Vorsitzender in Wernigerode und Präsidiumsmitglied. Dass der 46-Jährige einen Zwillingsbruder hat, wusste keiner seiner Kollegen. "Die haben sich gewundert, dass ich auf einmal alle sieze, obwohl wir uns schon seit 20 Jahren kennen", erinnert sich Ralf Schult. Vorgewarnt hatte er niemanden.

Die Brüder grinsen. Es ist ein bisschen wie früher - damals, als der eine dem anderen Fahrerlaubnis und Trabi lieh oder der eine ans Telefon ging, wenn die Freundin des anderen anrief. Ralf und Thomas Schult sind eineiige Zwillinge, die vieles teilen - nicht nur das Aussehen und den Sinn für Humor, sondern auch den Job. Der eine ist Chef der Wernigeröder Schwimmhalle, der andere leitet die Bäder der Stadt Oberharz am Brocken. "Wir haben unser Hobby zum Beruf gemacht", sagen die beiden.

Als es um die Berufswahl ging, lernten Ralf und Thomas Schult ordentliche Handwerksberufe - der eine wurde Ofensetzer, der andere Maurer. Nach der Wende waren Öfen nicht mehr gefragt, sagt Ralf Schult. "Als es beruflich nicht mehr vorwärts ging, habe ich eine Ausbildung als Schwimmmeister absolviert." Dreizehn Jahre arbeitete er im Waldbad Darlingerode, "einem der schönsten Schwimmbäder Sachsen-Anhalts". 2010 wechselte er nach Wernigerode, wurde Chef des Bades, in dem er seine ersten Bahnen gezogen hatte.

Ähnlichkeit half auch bei Blitzer-Fotos

Thomas Schult kehrte ebenfalls zum Schwimmen zurück. 2003 bekam er den Job als Leiter des Benneckensteiner Harzbades. Sein Bruder Ralf wurde daraufhin zum Personalgespräch in die Stadtverwaltung Ilsenburg zitiert - weshalb er nicht über seine neue Aufgabe informiert habe, wollte die Mitarbeiterin der Personalabteilung wissen, den Volksstimme-Bericht über die Berufung von Thomas Schult in der Hand.

Es war nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass die beiden verwechselt wurden. In der Schule mussten die Schult-Brüder Pullunder mit einem aufgestickten R und einem T tragen - damit die Lehrer wussten, wen sie vor sich hatten. Die Brüder waren unzertrennlich, teilten die Kleider, das Zimmer, die Kinderkrankheiten. "Im Grunde genommen hätten sie uns aneinanderbinden können", sagt Thomas Schult. Ihre Frauen können sie auseinanderhalten, sagen die Brüder, ihre Mutter kann es auch. Mittlerweile sei es auch für Außenstehende nicht mehr ganz so schwer. "Ich habe ein bisschen zugelegt", sagt Ralf Schult mit einem schiefen Lächeln. Doch die Gesichter sind bis zum Kinn zu 99 Prozent identisch. Das hat ein Humanbiologe herausgefunden, den die Polizei um ein Gutachten gebeten hatte. Auf Blitzerfotos war nicht zu erkennen, welcher Schult es war - und die Zwillinge hielten sich mit Angaben zurück.

Manchmal war die Ähnlichkeit nützlich. Zum Beispiel in der Ausbildung: Thomas schrieb für Ralf eine Arbeit mit. "Allerdings hatte Ralf vergessen, mir zu sagen, wo er seinen Sitzplatz hatte", sagt der 46-Jährige. Mit Glück landete er auf dem richtigen Stuhl, der Schwindel blieb unentdeckt. Oder in Sachen Autofahren: "Mit 18 Jahren hatte ich eine Fahrerlaubnis und einen Trabi", berichtet Thomas Schult. Beides lieh er seinem Bruder - unter einer Bedingung: Die Stempelkarte, in der Verkehrsverstöße vermerkt wurden, muss sauber bleiben. Doch Ralf hatte "einen netten Polizisten" an der Hand, der ihn mit neuen Karten versorgte. "Dafür musste ich seiner Mutter den Ofen reparieren."

"Man geht anders durchs Leben, wenn man weiß: Das Gesicht gibt es zweimal", sagt Thomas Schult. Auf der Straße grüße er jeden, der ihn länger als drei Sekunden anschaut. "Es könnte ja sein, dass er meinen Bruder kennt."