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CDU-Fraktionsvorsitzender André Schröder "Die SPD sollte den aktiven Widerstand aufgeben"

Die SPD-Spitze rebelliert gegen die Polizeireform und damit gegen die
eigenen Minister. CDU-Fraktionschef André Schröder erklärt, warum das
Arbeiten mit einer nach links rückenden SPD schwerer wird. Ihn fragten
die Volksstimme-Reporter Jens Schmidt und Michael Bock.

14.05.2014, 01:20

Volksstimme: Herr Schröder, die Koalition macht derzeit nicht den harmonischsten Eindruck. Ist das Verhältnis zur SPD zerrüttet?
André Schröder: Nein, das ist es nicht. Die Koalition hat in 777 Arbeitstagen gut 100 Gesetze verabschiedet. Vieles läuft geräuschlos ab. Doch einiges steht auch im Fokus der Kritik. Ich habe im Sommer vorigen Jahres in Ihrer Zeitung gesagt: Bei allem notwendigen Streit - die Koalitionspartner dürfen sich nicht auf die Rolle des kritischen Begleiters zurückziehen. Das gilt auch weiterhin. Der Bürger erwartet von uns Stabilität und Klarheit im Regieren. Insofern sind einige Aussagen von SPD-Abgeordneten zur Polizeireform irritierend.

Wen meinen Sie?
Wenn SPD-Fraktionsvize Rüdiger Erben sagt, der Beschluss des Kabinetts zur Polizeireform sei ein Beschluss gegen die SPD, dann ist das schon verwunderlich. Im Kabinett sitzen auch vier SPD-Minister, die die Reform mitgetragen haben. Diese kann Herr Erben nicht einfach ausbuchen. Oder wenn ein SPD-Abgeordneter aus der Altmark sagt, dass sich die SPD-Fraktion so nicht zur Polizeireform positioniert habe, dann ist das nach anderthalb Jahren Diskussion sehr irritierend. Die SPD ist gut beraten, den aktiven Widerstand gegen die Polizeireform aufzugeben.

Die SPD-Minister auf der einen Seite - die Fraktion auf der anderen Seite. Wie schwierig ist der Umgang mit einer gespaltenen SPD?
Die CDU hat ein großes Inte-resse daran, dass alle Minister erfolgreich sind. Dieses Interesse erwarte ich auch von der SPD. Auch ich will, dass eine Fraktion eigene Akzente setzt und nicht in Nibelungentreue alles abnickt. Aber wer nach einer abgeschlossenen Meinungsbildung in den offenen Widerspruch zu einem Beschluss des Kabinetts geht, verhält sich nicht loyal gegenüber der Regierung.

Wie wirkt sich dieser Zwist auf die künftige Zusammenarbeit aus?
Ich hoffe, nicht zu stark. Denn wir haben noch große Brocken vor uns. Ich denke zum Beispiel an den Doppelhaushalt 2015/16. Die guten Steuereinnahmen helfen uns, wieder ohne neue Schulden auszukommen, viel zu investieren und Risikovorsorge zu betreiben. Neue Ausgabenwünsche wären falsch. Wir haben die Chance, erstmals in der Geschichte Sachsen-Anhalts in einer Wahlperiode nur das Geld auszugeben, das wir auch zuvor eingenommen haben.

Nun gibt es zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl von SPD-Chefin Katrin Budde erste Absetzbewegungen hin zu Rot-Rot. Welchen Einfluss hat das auf den Zusammenhalt in der Koalition mit der CDU?
Zunächst einmal ist es legitim, dass eine Landes- und Frak- tionsvorsitzende Ministerpräsidentin werden will. Sie weiß, dass sie dies aller Voraussicht nach nur mit einem anderen Partner schafft. Das bedeutet einen Politikwechsel. Leichter macht das die jetzige Arbeit sicher nicht. Meiner Partei empfehle ich drei Dinge. Erstens: Selbst keine Vorfestlegung auf einen Koalitionspartner zu treffen. Zweitens: Durch Verlässlichkeit keinen Vorwand für einen Politikwechsel zu liefern und das CDU-Profil zu schärfen. Und drittens: Den Platz in der politischen Mitte, den die SPD freimacht, selbst zu besetzen.

Wie schwer macht es sich die CDU selber, wenn Ministerpräsident Haseloff und Innenminister Stahlknecht wegen der Polizeirefom über Kreuz liegen?
Wenn regierungsinterner Ärger öffentlich wird, kann es natürlich keinen Applaus geben. Aber noch schlimmer wäre es gewesen, wenn wir die Lösung des Problems vertagt hätten. Eine Partei, zu deren Kernthemen die innere Sicherheit gehört, hätte dann ein Problem. Für mich war es wichtig, dass wir eine Lösung hinbekommen, die von der gesamten Regierung getragen wird. Das haben wir erreicht.

Hält die Koalition bis 2016?
Sie wird halten, aber es wird nicht leichter.

Gibt es Schmerzgrenzen?
Die gibt es. In der Finanzpolitik zum Beispiel müssen wir ohne neue Schulden auskommen und das Land dennoch voranbringen. Sparen ist kein Selbstzweck. Wir haben Ziele.

Gibt es denn Forderungen aus der SPD?
Forderungen nicht, aber Gefahren. Aus dem Finanzministerium gibt es einen Entwurf für ein Personalvertretungsgesetz in der Landesverwaltung. Auch wir sind für mehr Mitbestimmung. Aber es soll mehr Personalräte geben, mehr Freistellungen, mehr Entschädigungen - ohne Folgekostenabschätzung. So wird der Entwurf garantiert nicht bleiben. Nach meiner Information wurde er auch nicht mit der Staatskanzlei abgestimmt.

Welche neuen Partner kämen für die CDU in Frage?
Wir reden mit allen Demokraten. Eine Koalition mit der Linken wird nicht zustandekommen, weil wir inhaltlich zu weit auseinanderliegen. Bei der FDP kann ich die weitere Entwicklung noch nicht abschätzen.

Wie sieht es mit der AfD aus?
Die AfD ist eine demokratische Partei. Ich empfehle, keinen im Vorfeld auszuschließen.

Was halten Sie von Schwarz/Grün wie in Hessen?
Meine hessischen CDU-Kollegen zeichnen ein erstaunlich positives Bild. Natürlich hätten wir hier viele Streitpunkte, ich denke da nur an den Autobahnbau oder an die Innenpolitik. Ich fände es aber falsch, eine Zusammenarbeit mit den Grünen kategorisch auszuschließen.

Vieles hängt auch vom Personal ab. Ist es für die CDU vorstellbar, mit einem Innenminister Sebastian Striegel auf einer Regierungsbank zu sitzen?
Die Grünen haben ja noch mehr Leute, da bin ich nicht völlig entmutigt. Reizfiguren gibt es in jeder Partei.