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Nachbarn und Ersthelfer berichten vom Brand in Eichholz "Die Bilder gehen nicht aus dem Kopf"

Der Brand in Eichholz beschäftigt die Einwohner auch zwei Tage danach
noch. Zwei Familien wurden gerettet, der Brand von 76 Feuerwehrmännern
aus sieben Ortswehren bis in die Nacht gelöscht. Nachbarn und Gastwirtin
Saskia Kettmann, die den Brand entdeckte, erzählen.

Von Arlette Krickau 31.05.2014, 03:28

Eichholz l Gastwirtin Saskia Kettmann wollte gerade Feierabend machen. Gegen 21.30 Uhr ging sie vor die Tür, plauderte noch kurz mit ihrem Vater. "Und als ich dann los wollte und mich umdrehte, sah ich den Qualm", schildert sie, wie sie den Brand in Eichholz am Mittwochabend als Erste entdeckte. Dichter Qualm stieg auf - sie rief ihren Vater und rannte los. Freunde von Wirtin Kettmann wohnen in der linken Haushälfte. Der Dachstuhl der rechten Haushälfte stand lichterloh in Flammen. "Ich rief meine Freundin, sie sollen raus aus dem Haus." Währenddessen stemmt ihr Vater Dieter Kettmann die Türen der rechten Haushälfte auf und versucht die Bewohner des brennenden Hauses zu finden und in Sicherheit zu bringen. Schnell fanden sich Nachbarn, die mit anpackten. "Das Paar hatte sich bereits hingelegt. Aus dem Schlafzimmer holten wir sie raus", erinnert sich ein Nachbar. Sonst würden sie nicht so zeitig schlafen, soll die gerade gerettete Frau noch gesagt haben.

Doch neben dem Paar lebt noch die Tochter in dem Haus. "Sie war noch oben. Wirkte verwirrt", schildert ein Nachbar. Als sie am Fenster an der Giebelseite zu sehen war, stellten die Nachbarn geistesgegenwärtig eine Leiter an, so dass die Frau herunterklettern konnte, denn im Haus war durch das Feuer der Weg nach unten und raus ins Freie bereits versperrt.

Auch die vierköpfige Familie aus der linken Doppelhaushälfte hatte sich inzwischen ins Freie gerettet. Unweit später rückte die erste Feuerwehr an.

"Das kam uns allen vor wie eine Ewigkeit", beschreibt die junge Wirtin. Um 21.41 Uhr ging der Notruf bei der Leitstelle an. Genau zwölf Minuten später kam die Ortswehr Leps am Einsatzort an. "Es ging einfach alles so schnell, das Feuer breitete sich immer schneller aus. Man dachte die ganze Zeit nur, wo bleibt nur die Feuerwehr."

Als die Feuerwehr dann da war, sagt Einsatzleiter Steffen Schneider, Ortswehrleiter der Feuerwehr Zerbst, ging alles zügig. "Fast alle Wehren kamen in voller Besetzung. Und als die Zerbster Wehr 21.55 Uhr ankam, da stand schon die erste Wasserversorgung. Das lief gut an", lobt Schneider die Kameraden. Dann wurden zwei Löschabschnitte gebildet: das rechte Haus, in dem der Brand ausgebrochen war, und das linke Haus, auf das das Feuer immer mehr übergriff. So sollten quasi die zwei Einsatzstellen gesondert betreut werden. Zum einen sollte das Feuer gelöscht werden, zum anderen sollte gelöscht, aber auch der Schaden für das anliegende Haus in Grenzen gehalten werden.

Besonders knifflig an diesem Einsatz waren zum einen die Zugänglichkeit der Gebäude und der ständig drehende Wind, der den Qualm immer woanders hin wehte. "Hier waren wir komplett auf den Einsatz der Atemschutzgeräteträger angewiesen. Diese wurden auch von mir aus den Wehren zu einem Team zusammengezogen und dann eingesetzt, wie sie gebraucht wurden", beschreibt Schneider.

In den einzelnen Abschnitten waren als Abschnittsleiter Axel Becker aus Zerbst und Sven Apel sowie Thomas Mücke als Team im zweiten Abschnitt eingesetzt. Zwei unterschiedliche Ausrückverbände kooperierten bei diesem Großeinsatz. "Die Zusammenarbeit hat gut funktioniert", lobt Schneider. Sicherlich gäbe es immer Kleinigkeiten, die aber in einer Nachbesprechung geklärt werden sollen. Auch Selbsteinschätzungen der Wehren sollen hier abgefragt werden.

Kurz nach 1 Uhr hatte man das Feuer gelöscht, die Wehren waren vorher schon Stück für Stück abgerückt, je nachdem, ob das Fahrzeug noch benötigt wurde oder nicht. Schon frühzeitig hatte Schneider sich einen Überblick über eingesetzte Schläuche und Pressluftatmer gemacht - Material, das nach dem Einsatz durch das Feuerwehrtechnische Zentrum (FTZ) in Bitterfeld ausgetauscht werden muss. "Die ersten Fahrzeuge wurden mit dem Reservematerial der Feuerwehr Zerbst wieder aufgerüstet. Das FTZ war aber schnell dabei und tauschte auch alle anderen Schläuche und Pressluftatmer noch in der Nacht aus", berichtet Schneider. Das sei wichtig, damit die sieben Ortswehren, die ausgerückt waren, auch wieder einsatzfähig seien.

Bis 2.30 Uhr blieb die Brandwache noch vor Ort in Eichholz, allerdings ohne noch einmal zum Einsatz zu kommen. In Zerbst machte der Letzte kurz nach 3 Uhr das Licht aus.

Während die Kameraden der Feuerwehr abzogen, blieben die Eichholzer zurück - mit vielen Gedanken und Eindrücken. "Die Bilder gehen einem nicht aus dem Kopf, wie ein Film, der sich immer wieder wiederholt", sagt Saskia Kettmann. Gedanken wie "Wenn ich nur zehn Minuten eher losgefahren wäre, hätte ich den Rauch vielleicht nicht gesehen" oder "Ich hätte noch viel mehr machen können" gehen ihr immer wieder durch den Kopf.

Auch die anderen Nachbarn wirken immer noch mitgenommen. Einige können noch nicht durchschlafen. Ersthelfer Dieter Kettmann musste mittlerweile sogar ins Krankenhaus.

Aber alle Einwohner von Eichholz zeigen große Anteilnahme für die betroffenen Personen, meint Saskia Kettmann. Mit der Wirtin haben schon viele Leute gesprochen. "Viele haben auch schon Spenden zusammengesammelt. Auch in eine Spendendose, die wir am Herrentag aufgestellt haben, haben einige etwas gesteckt. Und die Idee zum Dorffest, was ansteht, noch einmal zu sammeln, steht auch noch im Raum", berichtet sie.