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Bundeswehr-Landeschef Claus Körbi Flut-Manager gibt Kommando ab

Oberst Claus Körbi blickt auf dreieinhalb bewegende Jahre an der Spitze
des Landeskommandos in Sachsen-Anhalt zurück. Ihm bleibt vor allem die
Flut in Erinnerung - sowie die Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der
Menschen.

18.06.2014, 01:21

Magdeburg l Die 38 Minuten Ungewissheit vor fast genau einem Jahr wird Oberst Claus Körbi nicht mehr vergessen. Es war Sonnabend, der 15. Juni 2013, um Punkt 19.48 Uhr. Zusammen mit Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) stand der 58-Jährige auf der Terrasse eines Wirtshauses im Fischbecker Nachbarort Jerichow und versuchte vergeblich, seine Truppen an der wenige Kilometer entfernten Deichbruchstelle per Handy zu erreichen.

"Die drücken mich einfach weg", sagte Körbi entgeistert zum Minister. Stahlknecht, der seine Nervosität mit einem Glas Bier und seiner Pfeife zu bändigen versuchte, legte seine Stirn daraufhin ein wenig tiefer in Falten. Zwei Entscheider - für Minuten der völligen Ungewissheit ausgeliefert. Es ging um die Frage, ob die Sprengung dreier Lastkähne die katastrophale Überflutung der Elbe-Havel-Region stoppen könnte. Die hollywoodreife Aktion, die zuvor niemand gewagt hatte, glückte schlussendlich.

Ein Jahr später nun hat Claus Körbi die Geschehnisse für sich eingeordnet. "Fischbeck war einer von vielen Hotspots während der Flut", sagt er. Nicht weniger dramatisch empfindet der Oberst rückblickend auch den Kampf um Magdeburgs Stadtteil Rothensee. "Mit Tausenden Helfern konnten wir gerade noch verhindern, dass das Umspannwerk und das technische Polizeiamt überflutet werden."

Körbi könnte noch weitere Orte nennen, an dem mal erfolgreich, mal vergeblich ein harter Kampf gegen die Natur geführt wurde. Er findet: "Zu jedem Zeitpunkt hatten wir genug Material und Personal - was uns die Welle nicht immer gestattet hat, war genügend Zeit."

Was ihm positiv in Erinnerung bleiben wird, auch wenn er nun nach dreieinhalb Jahren das Landeskommando abgibt und nach Bremen wechselt, sind die Sachsen-Anhalter: "Die Menschen hier sind sehr herzlich und hilfsbereit und sind mir immer mit Offenheit entgegengekommen."

Besonders beeindruckt habe ihn während der Flut das Engagement der Jugendlichen. "Es ist ja immer von der Null-Bock-Generation die Rede - die Flut hat gezeigt: gerade die jungen Leute hier engagieren sich vorbildlich." Klar sei, ohne die vielen Freiwilligen wäre alles in den Hochwasser-Tagen noch schlimmer gekommen.

Er bedauert lediglich, dass die gesprengten Schiffe bei Fischbeck nicht als Mahnmal vor Ort geblieben sind. "Sie wären ein Symbol gegen die Flut-Demenz gewesen, die sich ja doch bei manchen ein, zwei Jahre später einstellt."

Bei der Bundeswehr ist es üblich, dass das Spitzenpersonal alle drei Jahre wechselt. Weil sich Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in Berlin für ihn einsetzte, durfte Körbi ein halbes Jahr länger am Standort Magdeburg bleiben. "In meinen 38 Dienstjahren habe ich in 25 unterschiedlichen Verwendungen an 16 Standorten gearbeitet", erzählt Körbi. Bremen soll nun seine letzte Station werden.

"Das ist auch für die Familie besser", betont Körbi. Er wohnt schon länger mit seiner Frau und seinen drei Töchtern bei Hannover. Da begrüßt er es auch als Vater, wenn Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) beabsichtigt, die Dienstzeiten an den Standorten von drei auf fünf Jahre zu verlängern. Und überhaupt: Einer Frau an der Spitze der Truppe steht er offen gegenüber: "Es kommt nicht auf das Geschlecht, sondern auf die Leistung an."

Am heutigen Mittwoch wird Körbi mit militärischem Zeremoniell in Magdeburg verabschiedet. Die 4600 Soldaten in Sachsen-Anhalt werden dann künftig von Oberst Axel Lautenschläger kommandiert. Der 50-Jährige soll - so Körbis Wunsch - den offenen Kontakt zu den Menschen pflegen - und bereit sein für die nächste Flut.