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Extrakosten bei 1800 Medikamenten Preise für Arzneimittel explodieren

Die Krankenkassen senken ihre Festbeträge für verschiedene Präparate.
Viele Patienten müssen deshalb tiefer in die Tasche greifen. Die Zahl
der Zuzahlungen erreicht ein neues Rekordhoch.

11.07.2014, 01:17

Magdeburg l Tausende Patienten erleben in diesen Tagen in der Apotheke eine böse Überraschung. Viele Medikamente, die bisher von den Krankenkassen vollständig erstattet wurden, unterliegen nun einer Zuzahlung.

Seit dem 1. Juli sind etwa 1800 Präparate nicht mehr zuzahlungsbefreit. Die Kassen haben die sogenannten Festbeträge einiger Medikamente gesenkt (siehe Infokasten), sie wollen hunderte Millionen Euro einsparen. Besonders betroffen sind Patienten, die wegen Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder Magengeschwüren in Behandlung sind.

Ein Beispiel: Das Blutdruckmittel Votum (20 mg). Bisher lag der Festbetrag, also der Satz, den die Gesetzlichen Krankenkassen maximal für ein Arzneimittel übernehmen, bei 93,83 Euro. Die Patienten mussten nur zehn Prozent zuzahlen (9,38 Euro).

Nun haben die Kassen den Festbetrag für das Medikament auf 29,60 Euro gesenkt. Der Hersteller fordert aber weiter 93,83 Euro - also müssen die Patienten die Differenz begleichen und in diesem Fall plötzlich mehr als 60 Euro aus der eigenen Tasche bezahlen.

Nach Berechnungen des Deutschen Apothekerverbands gibt es von insgesamt 33000 Arzneimitteln nur noch zehn Prozent ohne Aufpreis. Schon im Jahr 2013 erreichten die Zuzahlungen von Kassenpatienten mit zwei Milliarden Euro einen neuen Höchststand. Patienten zahlen durchschnittlich 2,60 Euro pro Arzneimittelpackung dazu.

Der Branchenverband Pro Generika kritisiert, den Patienten würden die Mehrkosten aufs Auge gedrückt. Auch Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, sagt: "Das ist ein Sparinstrument der Krankenkassen."

Diese weisen die Kritik jedoch zurück. "Durch die Festbetragsregelung soll vielmehr ein Preiswettbewerb unter den Herstellern ausgelöst werden", sagt AOK-Sprecher Andreas Arnsfeld. Die Kassen setzen darauf, dass die Hersteller ebenfalls ihre Preise senken. Viele Unternehmen sehen dafür jedoch keinen Spielraum.

Der Spitzenverband der Kassen empfiehlt Patienten, in der Apotheke gezielt nach zuzahlungsbefreiten Medikamenten zu fragen und auf andere Produkte umzusteigen. "Auch für diese Beratung werden die Apotheker von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt", sagte ein Sprecher der Volksstimme.

Laut Apothekerkammer ist das aber nicht in jedem Fall möglich. Andreas Münch: "Selbst wenn es geht, bedeutet ein Medikamentenwechsel immer einen Mehraufwand. Der Patient muss das nicht nur mit seinem Arzt abstimmen, sondern sich auch erstmal an das neue Präperat gewöhnen."