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Zwei Labels aus Sachsen-Anhalt Fashion Week: Chic aus Plastik

Nachhaltige Mode steht auf der Fashion Week in Berlin im Licht der
Scheinwerfer. Zwei Unternehmen aus Halle und Bernburg wollen die
Einkäufer der Boutiquen überzeugen. Doch das Geschäft ist hart.

11.07.2014, 01:18

Berlin/Magdeburg l Heimat ist in der Mode ein seltsamer Begriff. Ständig wird behauptet, es sei ein globales Geschäft. Dennoch sehnen sich die Leute danach, irgendwo verortet zu sein. Auch mit dem, was sie anziehen. Die Kunden wollen wissen, woher die Kleidung kommt, meint Anne-Christin Bansleben. Die 36-Jährige aus Bernburg ist mit ihrem Modelabel Deepmello auf der Fashion Week in Berlin vertreten. Hier will sie die Einkäufer der Boutiquen von ihren Produkten überzeugen. Im Green Showroom im Hotel Adlon hat die promovierte Ernährungswissenschaftlerin ihren Stand. Die Konkurrenz ist groß. Denn 33 Labels buhlen in den großen Zimmern der Nobelherberge am Brandenburger Tor um die Gunst der Einkäufer.

Der Modemarkt ist umkämpft. Um eine Marke am Markt erfolgreich zu positionieren braucht es im Schnitt fünf Jahre, sagen Branchenexperten. Viele geben vorher auf. Der Weg zum Erfolg ist lang und kostet viel Geld. In Berlin präsentieren die Modefirmen ihre Kollektionen für die Saison Frühjahr/Sommer 2015. Die Einkäufer halten die Augen auf. Gefragt sind frische Designs und Innovationen. Der Druck in einem Markt, der sich ständig neu erfinden muss, ist auch für die junge Designerin aus Bernburg spürbar. Doch Anne-Christin Bansleben scheint sich ein wenig widersetzen zu wollen. "Wir ergänzen unsere Kollektion punktuell. Wir wollen unseren Produkten eine längere Wertigkeit mitgeben", erklärt sie.

In dem Green Showroom im Adlon gibt es viel Interesse an ihren Stücken. Im Vordergrund steht die Innovation. Etwas Einzigartiges. Rhabarberleder. Bei Deepmello wird Rinderleder mit Rhabarber behandelt. Gewöhnliche Lederprodukte werden mit Chrom gegerbt. Das ist nicht nur für die Gerbereiarbeiter giftig, die in Asien oftmals bis zu den Knien in Chromlauge stehen müssen. Auch beim Kunden kann es zu Unverträglichkeiten auf der Haut kommen. Entstanden ist die Idee an der Hochschule Anhalt in Bernburg. Es ist ein Wissenschaftsprojekt, das den Sprung in die Wirtschaft geschafft hat. Das Patent ist angemeldet. Die Kleider, Taschen und Gürtel des Labels sind hautverträglich und duften ein bisschen süßer als normales Leder. Ein Kleid gibt es ab 500 Euro.

"Made in Germany" bei Kleidung gefragt

Das Produkt kommt aus meiner Heimat, sagt Bansleben. Der Rhabarber sogar von Bauern aus Sachsen-Anhalt. "Wir machen ein hundert Prozent deutsches Produkt", verspricht die Label-Gründerin. Die Nachfrage nach Produkten "Made in Germany" ist auch in der Modebranche groß. "Das ist noch immer ein Gütesiegel, das zieht", so Bansleben. Nachgefragt werden zudem immer mehr grüne Produkte. Ohne Chemie. Naturprodukte. Fair hergestellt und gehandelt. Der Markt für ökologisch nachhaltige Mode wächst seit Jahren, sagt Anne-Christin Bansleben. Doch nur allein vom guten Zuspruch kann ihre Marke nicht existieren. "Mode ist ein hartes Geschäft", gibt die Designerin zu. Zurzeit ist ihr Label noch ein Zuschussgeschäft.

In dem ehemaligen Heizkraftwerk in der Köpenicker Straße zeigt die Marke Luxaa ihre neue Kollektion. Etwas versteckt, aber dafür gleich neben dem Restaurant, finden Besucher die Firma aus Halle an der Saale. Anja Schneemann begrüßt die Kunden an ihrem Stand, erklärt die Philosophie ihrer Firma. Tyvek heißt das Zauberwort, das die Modewelt erobern soll. Tyvek ist Kunststoff. Bis zu fünfmal kann daraus Kleidung, etwa in Form von Strick, gefertigt werden. Danach ist es weiter verwertbar, unter anderem für die Herstellung von Mülltonnen oder Schutzhelmen. Es fühlt sich weich an, allerdings nicht wie Baumwolle. In seiner Beschaffenheit ähnelt es Papier. Aber viel strapazierfähiger und vor allem waschbar. Es stehen keine Fasern ab. Das Material kratzt nicht auf der Haut.

"Unsere Zielgruppe sind vor allem Personen, die ihren Lebensstil an Gesundheit und Nachhaltigkeit anpassen", erklärt Anja Schneemann. Die 32-Jährige hat zusammen mit Anne Trautwein vor drei Jahren die Marke gegründet. Das Unternehmen sitzt im Designhaus Halle der Burg Giebichenstein. Mit günstigen Mieten wird ehemaligen Studenten dort die Unternehmensgründung erleichtert. Momentan rechnet sich das Label noch nicht, gibt die junge Gründerin zu. "Wir wollen damit nicht reich werden", sagt Schneemann. "Wir möchten davon leben können und weiterhin Spaß an der Arbeit haben."

Modeindustrie sucht nach neuen Materialien

Das junge Label aus Halle trifft im Modemarkt mit dem innovativen Material genau den Nerv der Zeit. Viele Modeunternehmen machen auf der Fashion Week darauf aufmerksam, dass natürliche Ressourcen irgendwann erschöpft sind. Die Gesellschaft muss sich darauf einstellen. Für die Modeindustrie wird die Suche nach neuen Materialien immer wichtiger.

Innovativ ist Luxaa. Die Menschen am Stand sind begeistert von der Haptik der Kleidung. Doch das reicht nicht. "Die Aufmerksamkeit ist da. Doch es muss auch verkauft werden", erklärt Anja Schneemann. Mindestens 80 Euro kostet ein Kleidungsstück der Hallenser Firma in Modeboutiquen. In Berlin soll zunächst das Interesse geweckt werden - nicht einfach bei 300 Ausstellern in dem ehemaligen Heizkraftwerk in Mitte. Nach der Messe besucht der Luxaa-Vertrieb die Kunden um Details abzuklopfen.

Noch bis Sonntag ist die Modewelt in der Hauptstadt zu Gast. Bei den Modeschauen sitzen aufgetakelte Schauspielerinnen in der ersten Reihe. Die Models präsentieren die neuen Kreationen der bekannten Designer. Über Verkäuflichkeit muss man dabei nicht immer diskutieren. Da wird Kunst gemacht. Für die jungen Unternehmerinnen von Luxaa und Deepmello bedeutet die Fashion Week Arbeit und Stress. Die roten Teppiche liegen woanders.

Mehr Informationen zur Berlin Fashion Week gibt es unter www.fashion-week-berlin.com/de. Die beiden Modelabels aus Sachsen-Anhalt sind unter www.deepmello.com und www.luxaa.de zu finden.