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Ärger in der Landtagsfraktion Linke hauen sich selbst die Beine weg

In der Landtagsfraktion der Linken grummelt es mächtig. In Personalfragen liegen die Genossen über Kreuz. Es wird viel getuschelt - aber nur wenig offen ausgesprochen.

15.07.2014, 01:27

Magdeburg l Eigentlich stehen am heutigen Dienstag Nachwahlen zum Fraktionsvorstand auf der Tagesordnung. Doch jetzt ist davon auszugehen, dass noch offene Personalentscheidungen - wie die Besetzung eines der beiden Fraktionsvize-Posten - frühestens bei einer Klausurtagung im September getroffen werden. Fraktions-Vize und Landeschefin Birke Bull sagte gestern: "Es hat sich in der Fraktion viel angestaut." Es gehe um politische Kontroversen, um unterschiedliche Auffassungen zur Personalentwicklung, um die Frage der internen Kommunikation. "Wir müssen uns jetzt viel Zeit nehmen, um miteinander zu reden", sagte Bull.

Der Fraktionsspitze steckt noch der vorige Dienstag gewaltig in den Knochen. Bei den Vorstandswahlen hatte es Resultate gegeben, die denGenossen auch eine Woche später viele Rätsel aufgeben. In geheimer Wahl fielen zwei Kandidaten für den Vorstand durch. Zum einen die Magdeburgerin Eva von Angern (37), die sich um den Posten des Fraktions-Vize beworben hatte. Elf Fraktionäre stimmten für die Juristin. Aber: Es gab zwölf Nein-Stimmen, drei Enthaltungen.

Die zweite Schlappe musste Hendrik Lange, gerade zum neuen Stadtratsvorsitzenden in Halle gewählt, einstecken. Bei der Wahl zu einem der drei Arbeitskreisleiter bekam er 13 Ja-Stimmen, zehn Nein-Stimmen und drei Enthaltungen - das reichte nicht. Ein Denkzettel wurde bei der Wiederwahl auch Fraktionschef Wulf Gallert (19 Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen) und Fraktionsvize Bull (15 Ja-Stimmen, acht Nein-Stimmen, drei Enthaltungen) verpasst."Schön ist anders", sagteFraktionssprecher Thomas Drzisga knapp. "Es gibt Redebedarf." Was ist nur los bei der Linken?

"Es gibt definitiv keinen politisch-inhaltlichen Riss in der Fraktion", beteuerte der Abgeordnete Stefan Gebhardt (40). "Darum ist meine Ratlosigkeit umso größer." Auch von Angern und Lange suchen noch nach Erklärungen. Zumal es in der Fraktionssitzung weder kritische Hinweise noch bohrende Nachfragen gegeben hatte. Von Angern zeigt sich jetzt versöhnlich. Es sei wichtig, "dass man wieder eine Vertrauensbasis schafft", sagte sie. "Wir sollten alle Dinge auf den Tisch legen und ehrlich miteinander bereden. Das Schweigen muss gebrochen werden." Lange sagte: "Wir müssen miteinander ins Gespräch kommen - mit größtmöglicher Offenheit." Bull erklärte: "Wir müssen eine Kultur der solidarischen Kritik entwickeln. Bei Transparenz und Offenheit müssen wir noch zulegen."

Auch wenn es keiner offiziell so sagt, gibt es bei der Linken-Fraktion offenbar einen Generationenkonflikt. Jüngere drängt es in höhere Positionen, Ältere fühlen sich abgeschoben. "Hintenherum wird viel Böses erzählt", sagte ein Fraktionär. In der Fraktion macht das Wort "Altersrassismus" die Runde. Zuletzt räumte der langjährige parlamentarische Geschäftsführer Frank Thiel (62) eher widerwillig seinen Stuhl für Guido Henke (49). Thiel hält die Lage in der Fraktion momentan für "nicht einfach". Die Stimmung sei "negativ beeinflusst".

Fraktionschef Wulf Gallert betonte: "Wunsch des Fraktionsvorstandes ist es, dass Dinge offen angesprochen und ausdiskutiert werden. Das ist offensichtlich nicht in ausreichendem Maße geschehen." Meinung