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Abitur nach zwölf Schuljahren 13. Schuljahr? Nein danke!

Fast überall in Deutschland hatte sich das zwölfjährige Abitur
durchgesetzt. Jetzt läuft die Rolle rückwärts - Sachsen-Anhalt hingegen
will Kurs halten.

Von Hagen Eichler 21.07.2014, 13:50
Nach dem Abitur ins Ausland gehen - das wünschen sich viele Abiturienten. Foto: Tobias Kleinschmidt
Nach dem Abitur ins Ausland gehen - das wünschen sich viele Abiturienten. Foto: Tobias Kleinschmidt dpa

Magdeburg l "Bildung braucht Zeit", lautet der Slogan, mit dem Anhänger des 13. Schuljahres derzeit in Bayern um Unterschriften werben. Mit einem Volksbegehren wollen sie die Reform der Reform erzwingen: Bayern hatte sich wie fast alle Länder dem in Ostdeutschland üblichen achtjährigen Gymnasium (G8) angeschlossen. Viele Schüler, Eltern und Lehrer wollen indes zurück zum G9. Das könnten sie erreichen, selbst wenn das heute endende Volksbegehren nicht genügend Unterschriften bekommt: In der CSU gibt es bereits Überlegungen, den Gymnasien zwei verschiedenen Geschwindigkeiten zu ermöglichen.

In Sachsen-Anhalt sehen Schulexperten die Entwicklung mit Staunen. Besonders knapp fasst es Jürgen Mannke zusammen, Chef des Philologenverbands, der Vertretung der Gymnasiallehrer: "Uns reicht die Zeit von der fünften bis zur zwölften Klasse."

Im vergangenen Jahrzehnt hatte sich auch Sachsen-Anhalt in einem Experiment versucht und den Abiturienten ein zusätzliches Schuljahr verordnete. Mannke hat daran auch durchaus gute Erinnerungen. "Unterricht macht im 13. Jahrgang natürlich Spaß, die Schüler machen da einen richtigen Sprung." Doch nicht die Freude der Pädagogen sei entscheidend, sondern das Wohl der Schüler. "Die wollen ja auch irgendwann mal raus aus der Schule." Der Philologenverband rät daher: Kurs halten, am G8 festhalten.

So sieht es auch der oberste Dienstherr der Lehrer, Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD). "G8 funktioniert bei uns erfolgreich und entspannt." Er verweist auf die Bildungsforscher, die keinerlei Beleg gefunden hätten, dass das schnelle Abitur die Schüler überfordere. "Ich erlebe bei uns trotz aller schulischer Beanspruchung Schüler, die Zeit haben für Sport, Musik oder die Jugendfeuerwehr."

In den westdeutschen Ländern sind es vor allem Elterninitiativen, die das 13. Schuljahr zurückfordern. Oppositionsparteien springen auf den Zug auf, in Bayern etwa setzen die Freien Wähler die CSU unter Druck. In Niedersachsen waren es Dorgerlohs Parteifreunde, die das G8 unmittelbar nach der Regierungsübernahme im vergangenen Jahr kippten. Das G8 war weithin unbeliebt - auch deshalb, weil der Unterrichtsstoff aus neun Schuljahren in acht gequetscht worden war. Aussortiert wurde kaum etwas.

Kultusminister Dorgerloh bedauert den Trend zurück. Mit Ratschlägen an die Kollegen aus der Kultusministerkonferenz will er sich zurückhalten. Die Dauer des Gymnasiums sei auch eine Frage der Tradition, sagt er. Aber: "Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln - davon halte ich nichts. Da hätte es mehr Ausdauer gebraucht."

Sachsen-Anhalts Eltern weiß er hinter sich. "Das G9 will hier niemand", sagt Thomas Jäger vom Landeselternrat. Selbst die Schüler fordern kein zusätzliches Vorbereitungsjahr. "Ich kann die Rückwärtsrolle in anderen Ländern nicht verstehen", sagt Louis Lukas vom Landesschülerrat.

Der 18-jährige Hallenser hat das Abitur frisch in der Tasche - und fand neben dem Lernen auch noch Zeit fürs Fußballtraining. "Ein bisschen Abstriche bei der Freizeit muss man schon machen. Aber das ist im Studium ja später auch so."