1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Die Elbezukunft liegt im Kompromiss

Schifffahrt Die Elbezukunft liegt im Kompromiss

In einer Serie in loser Folge beleuchtet die Volksstimme die Geschichte
der Elbe in der Region Magdeburg. Im heutigen letzten Teil geht es um
einen Ausblick für den Fluss - wie kann es weitergehen auf und mit der
Elbe ?

Von Helmut Faist, Ingo Klinder und Lothar Tölle 30.07.2014, 07:05

Magdeburg l Für die Güterschifffahrt auf der Elbe ist es zwar nach wie vor wünschenswert, dass man das oft zitierte Ziel erreicht, unterhalb von Dresden bei Niedrigwasser eine Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter zu haben, welche durchschnittlich nur an 20 Tagen im Jahr unterschritten wird. Im Bereich von der Saalemündung bis zu den Magdeburger Häfen bzw. zum Mittellandkanal und zum Elbe-Havel-Kanal (Elbestrecken 5 und 6) ist dieses genannte Tiefenziel von 1,60 Meter, speziell in der Magdeburger Felsenstrecke, rein statistisch gesehen bereits erreicht.

Dass im besonders abflussarmen Jahr 2012 dieses Sollmaß im August bis maximal 12 Zentimeter unterschritten wurde, war für die Schifffahrttreibenden als statistischer Ausnahmefall sogar noch hinnehmbar und hat die Container-Transporte auch in jenem Jahr wenig eingeschränkt. In dieser markanten Strecke ist übrigens im Durchschnitt an rund 165 Tagen im Jahr eine Fahrrinnentiefe von 2,50 m und mehr (!) vorhanden, was für die Gesamtwirtschaftlichkeit der Schifffahrt auch von Bedeutung ist. Bei 1,60 Meter Fahrrinnentiefe, das heißt in der Regel bei nur rd. 1,40 Meter Tiefgang des Schiffes, können wegen der geringeren Ladungsmenge bei Massentransporten nur die reinen betriebswirtschaftlichen Kosten gedeckt werden.

Bei allen höheren Wasserständen bzw. Tiefgängen wird nach allgemeiner Erkenntnis bei der Elbe-Schifffahrt Gewinn erwirtschaftet, und das nicht erst ab 2,50 m Fahrrinnentiefe, wie leider auch oft von Wasserstraßen-Kritikern behauptet wird.

Zeitweise Niedrigwasserprobleme auf der Elbe kann man heutzutage durch verstärkten Einsatz vorhandener flachgehender (Container-)Schubverbände ausgleichen, und dreilagiger Containerverkehr ist auf der Elbe bis auf wenige Hochwassertage möglich, mit entsprechend weniger Containern nahezu ganzjährig. Auch aus den Forschungen zur Klimaänderung lassen sich bisher keine für die Schifffahrt gravierenden Abflussänderungen der Elbe ableiten, selbst wenn die Anzahl der Niedrigwassertage in besonders trockenen Sommern zunehmen sollte.

Bisherige Ausbaumaßnahmen der letzten 150 Jahre für die Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen und auch schon vorangegangene Durchstiche und Begradigungen für leichtere Hochwasser- und Eisabfuhr sowie die Eindeichungen haben zweifellos den Charakter des Flusses stark verändert, sowohl mit Vorteilen für Verkehr und Landeskultur (Hochwasserschutz, Flächennutzung, Besiedlung), aber auch aus heutiger Sicht mit ökologischen Nachteilen, wie stellenweise verstärkter Erosion mit Wasserspiegelabsenkung sowie Reduzierung von Überflutungsflächen und Verlust von Auenwaldbereichen. Trotz alledem wird man alles daransetzen, mit den heute gegebenen Möglichkeiten diesen allgemein als sehr naturnah empfundenen Zustand zu erhalten und schrittweise weiter zu verbessern. Unabhängig davon wird sich natürlich die Sport- und Freizeitschifffahrt sowie die allgemeine touristische Nutzung an der Elbe ohnehin weiter entwickeln, wobei es nur für die großen Kabinen-Kreuzfahrtschiffe bei Niedrigwasser ähnliche Einschränkungen gibt wie beim Gütertransport.

Dabei wäre es allerdings fatal, wenn man die historisch gewachsene und heute auf einem hohen technischen Niveau agierende Güterschifffahrt auf der Elbe völlig zurückdrängen will, statt die volkswirtschaftlichen und vor allem ökologischen Vorteile, die das gut ausgebaute deutsche Wasserwegenetz dafür bietet, besser zu nutzen, zum Beispiel den geringsten Energieverbrauch. Die Wasserstraße Elbe verfügt zudem über ein viel größeres Lichtraumprofil gegenüber Straße und Eisenbahn und sogar gegenüber den Kanälen. So beträgt bei Mittelwasser die niedrigste Brückendurchfahrt zwischen Magdeburg und der Tidegrenze vor Hamburg 8,50 Meter. Das ermöglicht drei Container übereinander auf Schiffen sowie Sondertransporte von Transportgütern mit sehr großen Abmessungen, wie zum Beispiel Großbehältern, oder von überschweren Gütern wie Turbinen und Transformatoren. Besonders spektakulär war zum Beispiel ein Sondertransport von riesigen Rumpf-Teilen des neuen Großraumflugzeuges A380 von Hamburg nach Dresden im Jahr 2004 mit mehreren Schiffseinheiten.

Für den besonders umweltverträglichen Verkehrsträger Binnenschifffahrt ist es daher wünschenswert, dass er von der Politik und der verladenden Wirtschaft noch viel stärker genutzt wird. Dazu gehört auch ein ausgewogener Kompromiss, bei dem weder die Umweltbelange noch die wirtschaftlichen Erfordernisse zu kurz kommen. Und mit der Hoffnung, dass man dafür ein vernünftiges und zukunftsfähiges Gesamtkonzept finden möge, von dem letzten Endes auch die Magdeburger Region profitieren wird, verabschieden sich die Autoren im Namen des gesamten Teams dieser Serie hiermit von den interessierten Lesern.