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Reform der Bund-Länder-Finanzen Ein "Soli" für die Schulden

Die Bund-Länder-Verhandlungen über einen neuen Länderfinanzausgleich nehmen Fahrt auf. Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) fordert, den Solidaritätszuschlag auch nach 2019 beizubehalten. Die "Soli"-Einnahmen sollen in den Schuldenabbau der Länder gesteckt werden.

Von Michael Bock 06.09.2014, 03:15

Magdeburg l Die Reform der Bund-Länder-Finanzen geht in die heiße Phase. Bis zum Jahresende soll ein neuer Finanzausgleich gefunden werden. Grund: 2019 laufen der Solidarpakt II für den Aufbau Ost und der Länderfinanzausgleich aus. Was aber dann?

"Ziel muss es sein, in allen Teilen Deutschlands gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen", sagte Finanzminister Bullerjahn der Volksstimme. Um auch klammen Ländern einen Aufholprozess zu ermöglichen, plädiert Bullerjahn für einen Altschuldenhilfefonds, aus dem die aufgelaufenen Kredite der Länder nach und nach getilgt und anteilig auch Zinsen bezahlt werden.

Dieser Altschulden-Topf soll seiner Meinung nach mit Geld aus dem Solidaritätszuschlag gefüllt werden. Derzeit spült der "Soli" jährlich etwa 14,9 Milliarden Euro in die Kassen des Bundes. 2019 wird bereits mit 18 Milliarden Euro gerechnet.

Ende 2012 lag die Schuldenlast aller Länder bei insgesamt 544 Milliarden Euro, die der Gemeinden bei 79 Milliarden Euro. Das Land Sachsen-Anhalt ächzt unter einem Schuldenberg von mehr als 20 Milliarden Euro.

Und: Länder und Gemeinden müssen deutschlandweit eine jährliche Zinslast von 22,5 Milliarden Euro schultern. Eine gewaltige Summe also, die vielen Ländern die Luft zum Atmen nimmt. Bullerjahn betonte: "Die Verschuldung ist ein gesamtstaatliches Problem, das von Bund und Ländern gemeinsam gelöst werden muss."

Ein Altschuldenfonds ist allerdings umstritten. Die reicheren Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen und inzwischen auch Sachsen sind strikt dagegen. Dort wird kritisiert, dass diejenigen begünstigt werden, die in der Vergangenheit überdurchschnittlich viele Schulden aufgetürmt haben - allen voran Bremen und das Saarland.

Der Bund hat zuletzt durchaus Bereitschaft für einen Altschuldenfonds erkennen lassen. Allerdings unter der Bedingung, dass er dann künftig die Länderhaushalte stärker kontrollieren darf. Das sieht Bullerjahn auch so. Der Finanzminister fordert zudem ab 2020 ein Fördersystem, das Investitionen in strukturschwachen Regionen in Ost- und Westdeutschland ermöglicht. "Regionale Strukturschwächen sind ein gesamtdeutsches Problem", sagte er. Die Haushalts- und Finanzplanung der ostdeutschen Länder sieht Bullerjahn zwar "auf dem richtigen Weg". Doch zugleich betonte er: "Die strukturelle Wirtschafts- und Finanzschwäche bleibt auch mittelfristig ein Grundproblem der neuen Länder."

Bullerjahn verwies darauf, dass es - historisch bedingt - nur sieben Konzernzentralen in den ostdeutschen Ländern gebe: fünf in Berlin, zwei in Thüringen. Ostdeutsche Betriebe seien oft nur "verlängerte Werkbänke". Folge: Nach wie vor gibt es große Unterschiede in der Wirtschaftskraft der Länder. Beispiel Bruttoinlandsprodukt: Dieses lag 2013 in Sachsen-Anhalt bei 53063 Euro je Erwerbstätigen, im Saarland bei 62849 Euro und in Hamburg bei 82916 Euro. Außerdem plädiert Bullerjahn dafür, beim künftigen Finanzausgleich die demografische Entwicklung zu berücksichtigen.

Die Landesstatistiker sagen Sachsen-Anhalt massive Bevölkerungsverluste voraus - zwischen 2008 und 2025 wird derzeit mit einem Einwohnerrückgang von 16,1 Prozent gerechnet. 2008 lebten noch 2,38 Millionen Menschen in Sachsen-Anhalt. Prognosen gehen davon aus, das es 2025 nur noch 1,94 Millionen Menschen sein werden. "Der Bevölkerungsrückgang verursacht Anpassungskosten, die die Leistungsfähigkeit der betroffenen Länder übersteigen", sagte Bullerjahn.

Mitte Oktober werden sich die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Jahreskonferenz in Potsdam mit dem künftigen Finanzausgleich befassen.