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Ehemaliger Q-Cells-Manager Torsten Brammer "Wir haben ein mentales Problem"

02.10.2014, 01:06

Magdeburg l Er war Teil des Aufschwungs im Solar Valley. Vier Jahre leitete Torsten Brammer die Q-Cells-Tochterfirma Sontor, die den Markt für Silizium-Dünnschichtmodule erobern sollte. Die Unternehmung scheiterte. Der 44-Jährige blieb als Vorstand bis zum bitteren Ende. Über seine Erfahrungen sprach er mit Volksstimme-Reporter Dominik Bath.

Keine Industrie ist so schnell gewachsen wie die Produktion von Photovoltaikmodulen - und keine ist so schnell wieder zusammengebrochen. Was ist da schiefgelaufen?
Torsten Brammer: Durch die weltweite Überproduktion bei Solarmodulen entstand ein enormer Kostendruck. Die Firmen im Solar Valley mussten daraufhin ihr Geschäft umstellen - von expansionsgetriebener hin zu einer kostenbewussten und kundenorientierten Unternehmenspolitik. Dieser Prozess gelang den Solarherstellern nicht schnell genug.

Woran ist Sontor gescheitert?
Letztendlich an den niedrigen Verkaufspreisen durch die weltweite Überproduktion. Wir konnten uns am Markt mit unseren Silizium-Dünnschichtmodulen schlicht nicht mehr behaupten.

Ihr ehemaliger Arbeitgeber Q-Cells produziert seine Solarzellen mittlerweile nahezu komplett in Malaysia. Ist eine deutsche Massenproduktion in der Photovoltaik-Industrie undenkbar?
Wir haben ein mentales Problem. Die Massenproduktion von Solarmodulen ist auch in Deutschland möglich. Die Misserfolge und Schlagzeilen der Vergangenheit machen es aber derzeit schwer, Geld für eine Fertigung hierzulande zu gewinnen. Für die kostengünstige Produktion von Solarmodulen ist der Lohnanteil der Arbeitnehmer nicht derart gewichtig. Nur deswegen müssen die Hersteller nicht in Billiglohnländern produzieren.

Sie selbst entwickeln mit ihrer eigenen Firma Wavelabs ein neues Testsystem für die Solarzellen-Produktion. Führt der Weg für die deutsche Solarindustrie nur über Innovationen zurück zum Erfolg?
Das Know-how und der Erfindergeist ist in Deutschland nach wie vor vorhanden. Die Kreativität der Unternehmer ist gefragt. Nischen müssen besetzt werden. Individuelle Energiekonzepte sind zu erarbeiten.

Mit welcher Idee wollen Sie das schaffen?
Wir stellen einen Solarsimulator her, der die Leistungsfähigkeit von Solarzellen testet. Für gewöhnlich werden dafür Xenon-Lampen benutzt, die aber sehr viele Nachteile haben. In unserem Gerät verbauen wir LED-Lampen. Mit denen können wir das Sonnenspektrum sehr viel genauer und stabiler nachbilden. Zudem können unsere Kunden mit unserem Gerät sehr viel kostengünstiger die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte bestimmen.

Wie kann die Bundesregierung der Solarindustrie wieder auf die Sprünge helfen?
Das große Ziel muss sein, dass der Anteil an erneuerbarer Energie am erzeugten Strom möglichst groß ist. Da braucht es eine klare Vorgabe. Aus volkswirtschaftlicher Sicht macht es zudem Sinn, möglichst viel Wertschöpfung im eigenen Land zu behalten. Und im Handel muss die heimische Wirtschaft geschützt werden vor Dumpingpreisen aus anderen Ländern.