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Countdown-Ampeln Eins, zwei, drei - Straße frei

Mit Spannung erwarten Verkehrsexperten das Ergebnis eines Pilotprojektes in Berlin. Dort wird ein Countdown-Signal für Fußgänger getestet. Sollte die Untersuchung positiv ausfallen, will zumindest Magdeburg eine Anlage zum Test damit ausrüsten.

Von Matthias Fricke 04.10.2014, 03:16

Magdeburg l Die 70-jährige Petra Schubert vom Seniorenbeirat der Landeshauptstadt ärgert sich jedes Mal, wenn sie gerade auf der Fahrbahn steht und die Ampel schaltet nach extrem kurzer Grünphase auf Rot um. "Ich habe schon einige Senioren gesehen, die dann wieder auf den Fußweg zurückgegangen sind. Man muss doch auch an diejenigen denken, die mit einem Rolllator unterwegs sind", sagt sie.

Ähnliche Beobachtungen hat auch Wulff Hoffmann von der Landesverkehrswacht bereits gemacht: "Die Räumzeit wird nicht angezeigt, ist aber in den Schaltungen mit einberechnet. Viele, vor allem ältere Menschen, können diese Zeit, bevor der Verkehr wieder rollt, nicht einschätzen." Es wäre deshalb fußgängerfreundlicher, wenn die Zeit zum Räumen der Fahrbahn irgendwie angezeigt würde.

Auswertung des Berliner Tests im November

Deshalb testet seit einem Jahr die Stadt Berlin ein neues Countdown-Signal, das mit weißen Balken die Zeit zum Räumen der Kreuzung anzeigt. Fußgänger erfahren dabei, anders als bei den bisherigen Systemen, wie schnell sie die Straße nach dem Ende der Grünphase verlassen müssen. Sie können so besser einschätzen, wie lange es dauert, bis die wartenden Autos Grün bekommen. Auch Fahrer rechtsabbiegender Autos sehen so, ob die Fußgänger sich noch in der Räumungsphase befinden.

Ein weiterer Vorteil der neuen Countdown-Ampel: Anders als die ebenfalls in Berlin seit Jahren getesteten rot- bzw. grünblinkenden Fußgängerampeln, benötigt der "Balken-Countdown" keine Sondergenehmigung. Denn blinkende Fußgängerampeln sieht die Straßenverkehrsordnung nicht vor. Das gilt auch für die in Düsseldorf in Deutschland einmalige Variante. Dort wird mit Gelb die Räumphase den Fußgängern angezeigt. Sie wird ein Exot bleiben.

Countdown-Ampeln mit einer Zeitanzeige gab es schon mehrere, zum Beispiel in Hamburg und Bochum. Diese Anlagen zählen aber die Sekunden bis zur nächsten Grünphase, um Fußgänger davon abzuhalten, bei Rot vorzeitig über die Straße zu gehen. In anderen Ländern wie den USA, Brasilien und Dänemark gehört das sogar zum Standard. Die Systeme sind aber mit dem Berliner Projekt nicht vergleichbar.

Drei Kreuzungen sind im September vergangenen Jahres in der Bundeshauptstadt mit insgesamt 39 solcher zusätzlichen Balken-Signalgeber ausgerüstet worden. Die Kosten beliefen sich ingesamt auf rund 90000 Euro. "Allerdings macht dabei die Entwicklung der Prototypen den größten Anteil aus. So sind unsere Ausgaben kein Maßstab für andere Kommunen", sagt Petra Rohland vom Berliner Senat für Verkehrsentwicklung.

Die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung des Berliner Pilotprojektes erfolgt unter anderem über installierte Videokameras. Auch 1000 Personen wurden befragt, der Verkehr gezählt und Unfälle ausgewertet.

Mit einem Ergebnis rechne der Senat frühestens im November, so Rohland. Dieses werde dann auch im Internet veröffentlicht. Sie sagt: "Andere Bundesländer können unsere Erfahrungen dann gerne auch bei uns abfragen."

In Deutschland sind die örtlichen Straßenbaubehörden in den Städten und Gemeinden sowie des Landes für die Fußgängerampeln zuständig. Uwe Langkammer, Vizepräsident der Landesstraßenbaubehörde: "Ich könnte mir das für unseren Bereich nur an einigen ausgewählten Kreuzungen vorstellen. Vor allem dort, wo es mehrere Fahrspuren gibt und eine entsprechend hohe Fußgängerfrequenz vorhanden ist. Wir werden uns aber die Ergebnisse unser Berliner Kollegen ansehen." Anders sei es bei den Großstädten, da könne sich Langkammer einen Bedarf durchaus vorstellen.

Magdeburg kann sich Test-Ampel vorstellen

Die Landeshauptstadt Magdeburg zeigt sich zum Beispiel interessiert. "Den Lösungsansatz halten wir für einen guten Weg. Jedoch wollen wir auf die Erfahrungen unserer Berliner Fachkollegen zurückgreifen. Sollten diese überwiegend positiv ausfallen, werden wir auch bei uns eine Anlage mit der Technik ausrüsten", so Stadtsprecher Michael Reif.

Die Zahl der Unfälle mit Fußgängern ist in Sachsen-Anhalt seit drei Jahren leicht steigend. Bei den 1066 Zusammenstößen im vergangenen Jahr wurden 813 Menschen verletzt und 15 getötet. Laut Innenministerium waren unter den Verletzten etwa 200 Senioren.