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Doktor direkt vor Ort ist nicht in Sicht Wenn die Arztpraxis nicht rentabel ist

Stieger Senioren sind besorgt um die ärztliche Versorgung und wünschen sich wieder einen Arzt im Ort. Doch das ist nicht in Sicht. Gerade hat ein Mediziner wegen Unwirtschaftlichkeit der Praxis Stiege aufgegeben.

Von Burkhard Falkner 11.10.2014, 03:04

Stiege l Das große Fachwerkhaus der früheren Grundschule in Stiege ist zum zweiten Mal verwaist. Erst gingen vor Jahren die Schüler, jetzt verließ der Arzt die in dem alten Gebäude eingerichtete Praxis. Nur Sperrmüll samt einer kaputten Krankentrage künden davon, dass es hier kürzlich noch ein Angebot für Patienten gab.

Ende 2010 war Dr. Jörg Liebsch aus dem Norden der Republik nach vielen Gesprächen in den Harz umgesiedelt. Er füllte die Lücke, die seine Vorgänger Dr. Hans Walz und Dr. Reinhard Jansen hinterlassen hatten und wurde sehr begrüßt. Doch die Euphorie verflog bald. Ansiedlungsprobleme und mangelnde Rentabilität ließen die zunächst als Erfolg gefeierte Arztansieldung bald scheitern.

Seit längerem fahren die Einwohner Stieges nun in alle Himmelsrichtungen zum Arzt. Nach Hasselfelde, Benneckenstein, Allrode, Elbingerode oder Friedrichsbrunn. Viele werden von Matthias Krause in Benneckenstein behandelt, viele von Dr. Izabella Toth aus dem Elbingeröder Ärztehaus Oberharz im nahen Hasselfelde. Als Dauerlösung wird das von Einwohnern aber nicht gesehen.

"Wir älteren Bürger,60 plus` sind sehr deprimiert, dass in Stiege keine Arztsprechstunde mehr gewährleistet wird", schreibt Rita Quandt in einem Leserbrief an die Volksstimme. "Die Fahrt geht dann meist mit dem Bus, denn nicht jeder ist in dem Alter noch mobil oder hat Verwandte oder Bekannte, die einen ständig zum Arzt bringen können."

Die Seniorin verweist auf Zeit und Kostenaufwand und darauf, dass Stiege doch ein großer Ort sei. "Jahrelang war hier immer ein Arzt", schreibt sie weiter und vermutet Rotstift- oder Sparpolitik hinter Stieges Arztlosigkeit. Dabei, so Behörden, Verwaltung und Ärzte auf Anfrage gegenüber Volksstimme, verhindert die fehlende Rentabilität bisher weitere Ansiedlungen.

"Da die Patienten in dem kleinen Ort trotz aller Bemühungen nicht den Durchschnitt einer Hausarztpraxis erreichten", heißt es in einer Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt, habe schon Dr. Liebsch eine weitere Praxis in Harzgerode eröffnen und dann krankheitsbedingt die Praxis in Stiege aufgeben müssen. Vorgänger Jansen hatte ebenfalls bereits Nebenpraxen in Hasselfelde und Blankenburg gegründet, um rentabel zu sein. Und zu DDR-Zeiten war Dr. Walz betriebsärztlich in Rübeland tätig, um seine Stieger Praxis abzusichern. Dieser Aufwand schreckt offenbar ab.

"Derzeit bestehen keine Interessensbekundungen von Hausärzten für eine Niederlassung oder den Betrieb einer Nebenpraxis in Stiege", stellt die KV fest und setzt auf die Hilfe um Stiege herum,- so, wie sie Matthias Krause in Benneckenstein zusichert. "Bei mir gibt es keinen Annahmestopp wie bei anderen", sagt Krause, "die Menschen müssen behandelt werden."

"Derzeit kein Interesse von Hausärzten für Niederlassung in Stiege" - Kassenärztliche Vereinigung

Auch für die Arztpraxis von Izabella Toth sichert Martin Montowski, Chef des Ärztehauses Oberharz in Elbingerode, die weitere Behandlung vieler Patienten aus Stiege zu. Dazu werde die Praxis unterstützt und gestärkt. Für eine zweite Praxis in Hasselfelde oder für noch eine eigene Praxis in Stiege, so bestätigt auch Montowski auf Nachfrage, habe sich bisher niemand gefunden.