1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Stendal steht vor der Neuwahl

Briefwahl-Skandal Stendal steht vor der Neuwahl

Die Wahl zum Stendaler Stadtrat vom 25. Mai ist ungültig und muss erneut
erfolgen. Zu diesem Schluss kommt Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt. Damit
ist die Wiederholung der Briefwahl vom 9. November gescheitert. Sie
wurde von den Wahlmanipulationen überschattet und kann nicht gewertet
werden.

26.11.2014, 01:17

Stendal l Acht Wahlbriefe liegen derzeit in einem Tresor des Stendaler Rathauses. Sie sind noch ungeöffnet und befinden sich in einem versiegelten Umschlag - doch sie hätten mit zu den 843 Stimmzetteln gehört, die am Abend des 9. November bei der Wiederholung der Briefwahl ausgezählt worden sind.

Wenn der Stadtwahlausschuss in seiner Sitzung am morgigen Donnerstag das Wahlergebnis feststellen sollte, würden diese Stimmen fehlen. "Aus diesem Grund wäre das Wahlergebnis unrichtig", erklärt der Stadtwahlleiter in einem elfseitigen Schriftsatz. Er müsste Einspruch gegen diese Wiederholungswahl einlegen. Das hätte Folgen: Die komplette Stadtrats-Wahl vom 25. Mai wäre ungültig - rund 32.000 Stendaler würden dann wieder zur Wahl aufgerufen. Für eine erneute Teilwahl der Briefwahl ist nämlich die Frist abgelaufen.

Doch Kleefeldt sieht keine andere Möglichkeit: Die acht Wahlumschläge ließen sich nicht mehr auszählen ohne das Wahlgeheimnis zu verletzen. Der Jurist beruft sich hier auf zwei Verwaltungsgerichts-Urteile, wonach "bei einer Anzahl von unter zehn Wahlbriefen die Verletzung des Wahlgeheimnisses zu befürchten ist".

Folgt der Wahlausschuss dieser Linie, sind die intensiven Bemühungen im Rathaus, die Wiederholung der Briefwahl am 9. November doch noch rechtssicher zu organisieren, vom Schatten der massiven Wahlmanipulationen eingeholt worden.

Kurz vor dem zweiten November-Sonntag war in der Stadt eine politische Bombe geplatzt: Die Staatsanwaltschaft ließ durchblicken, dass etliche Vollmachten für die Briefwahl im Mai gefälscht waren. Damit besaßen Stendaler die Möglichkeit, bei der Wiederholungswahl zu wählen, obwohl sie das gar nicht durften.

Der Stadtwahlleiter versuchte, bei den maximal 189 Fällen (siehe Kasten) sicherzustellen, dass keine Stimme in die Urne gelangte, die dort nicht hingehörte. Daher wurden am Wahlabend elf Umschläge aussortiert, die vorab per Brief eingegangen waren. "Dieses Verfahren erschien am Wahltag als einziger Ausweg, um die Wiederholungswahl zu retten", so Kleefeldt.

Das Risiko war hoch - acht der elf Wähler haben inzwischen eidesstattlich versichert, im Mai eine Vollmacht erteilt zu haben. Sie durften also wählen, doch ihre Stimmen sind nicht gewertet worden.

Jetzt läuft alles auf eine komplette Neuwahl des Stadtrates hinaus, die von etlichen Parteien bereits gefordert wurde. Womöglich wird sie im Frühjahr mit der Oberbürgermeisterwahl gekoppelt.

Die Kreistagswahl, die von den Fälschungsvorwürfen ebenso überschattet ist, wird hingegen nicht wiederholt. Der Kreistag hatte sie bei etlichen Gegenstimmen für gültig erklärt. Alle Einspruchsfristen sind hier abgelaufen.