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Stallpflicht für Tiere Nicht mehr frei wie ein Vogel

In bestimmten Teilen von Sachsen-Anhalt müssen Hühner, Gänse und Enten im Stall bleiben. So soll das Geflügel vor der Vogelgrippe geschützt werden. Hobby-Züchter sind skeptisch wegen dieser Maßnahme, wie eine Umfrage auf der Landesrassegeflügelschau in Magdeburg ergeben hat.

Von Margarethe Bayer und Tobias Roitsch 29.11.2014, 01:00

Magdeburg l Lautes Geschnatter und Gekrähe ertönt in den Hallen der Magdeburger Messe. Verantwortlich für die Geräuschkulisse sind rund 4700 Vögel. Genauer gesagt: Verschiedene Rassegeflügelsorten. Die Tauben, Gänse, Hühner und Enten sind der ganze Stolz der knapp 600 Züchter, die ihre Tiere bei der 18. Landesrassegeflügelschau an diesem Wochenende präsentieren. Und gehen damit ein gewisses Risiko ein. Denn derzeit wird vor der Vogelgrippe gewarnt. In Teilen Sachsen-Anhalts besteht seit diesem Donnerstag Stallpflicht.

Dadurch stand auch die Ausstellung in der Landeshauptstadt bis kurz vor der Eröffnung am Freitag auf der Kippe, wie Christoph Zabel vom Organisationsteam der Schau sagte: "Wir haben bis gestern gebangt. Ab Montag liefen bereits die Telefone heiß, weil Züchter von der Vogelgrippe in den Medien erfahren hatten." Es bestand enger Kontakt zum zuständigen Veterinäramt. Trotz Stallpflicht in Risikogebieten untersagte das Ministerium für Landwirtschaft Geflügelschauen nicht grundsätzlich. Vorausgesetzt, diese finden in geschlossenen Räumen statt. Zudem muss zuvor ein Tierarzt die Vögel untersucht haben.

"Ich habe drei Nächte nicht geschlafen und drei Kilo abgenommen wegen der Vogelgrippe", scherzte Dieter Kuhr, Vorsitzender des Landesverbands der Rassegeflügelzüchter von Sachsen-Anhalt. Er war mit für das Gelingen der Veranstaltung verantwortlich. Wäre die Schau abgesagt worden, wäre es teuer geworden. "Gelder zwischen 40.000 bis 50.000 Euro wären verloren gegangen", sagte Kuhr. Denn Kosten für Miete, Catering und Helfer standen im Raum.

"Klar grassiert die Angst vor der Vogelgrippe. Ich bin aber froh, dass die Ausstellung über die Bühne gehen kann", sagte Rainer Kühn. Der Züchter aus Groß Quenstedt im Landkreis Harz hält 40 Zwerghühner. Zehn davon hatte er mit nach Magdeburg gebracht. Obwohl er es nicht müsste, hat Kühn seine Tiere vorsorglich vor Kontakt mit Wildvögeln geschützt.

Nun leben sie unter einer rund 50 Quadratmeter großen Überdachung. Laut Vorschrift des Ministeriums für Landwirtschaft ist diese Form eine Alternative zum geschlossenen Stall, wenn die Seiten mit einem feinmaschigen Zaun gesichert sind. Doch hundertprozentigen Schutz gibt es laut Kühn wohl nicht. "Gerade in Dörfern haben wir das Problem, dass die Exkremente von kranken Wildvögeln zu den Tieren gelangen können, die sie dann aufnehmen." Sollte es tatsächlich zu einem Ausbruch kommen, würde nicht nur der eigene Bestand gekeult, wie Rainer Kühn sagte. Auch die Tiere der Nachbarn würden vorsorglich umgebracht, um einer Ausbreitung vorzubeugen.

Von der Hälfte seiner Hühnerschar von knapp 30 Tieren muss sich Olaf Prophet wegen der Vogelgrippe nun trennen. Dabei ist die Krankheit gar nicht ausgebrochen. "Ich muss den Bestand reduzieren, weil ich nicht genug Platz im Stall habe", sagte Prophet. Der Züchter aus Burg lebt in einem Risikogebiet. Das sind vor allen Gebiete, die als Rastplätze für Wildvögel bekannt sind, häufig an Gewässern liegend. Damit besteht für Prophets Hühner Stallpflicht.

"Normalerweise schlafen die Hühner nur darin", erklärte Prophet. Außerdem wird es teurer für den Züchter. Der Stall müsse häufiger gesäubert werden, dadurch benötige er wiederum mehr Einstreu, das er kaufen muss. "Ich finde die Stallpflicht etwas übertrieben, bin allerdings kein Veterinär", so Olaf Prophet. Damit denkt er wie viele Züchter. Sie nehmen die Stallpflicht hin, bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 30.000 Euro. Sie fürchten den Stress, den ihre Tiere in den engen Ställen ertragen müssen.