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Sachsen-Anhalts SPD-Chefin Budde: "Entspanntes Verhältnis zur Linken"

Wie steht Sachsen-Anhalts SPD-Chefin Katrin Budde zu einem rot-roten
Bündnis? Vor der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen sprach Michael
Bock mit der 49-jährigen Magdeburgerin.

04.12.2014, 01:18

Volksstimme: Frau Budde, am morgigen Freitag will sich Bodo Ramelow als erster Politiker der Linkspartei zum Ministerpräsidenten wählen lassen. In Sachsen-Anhalt hat zugleich die Gründung der "Magdeburger Plattform", eine Allianz linker SPD-Politiker unter Ihrer Mitwirkung, für bundesweites Aufsehen gesorgt. Die Plattform ist doch ein klares Signal für Rot-Rot, oder?
Katrin Budde: Nein, die "Magdeburger Plattform" hat überhaupt nichts mit möglichen Regierungskoalitionen in Sachsen-Anhalt zu tun. Es geht um inhaltliche Arbeit, zum Beispiel zur Flüchtlings- oder Friedenspolitik. Das linke Profil der SPD soll bundesweit geschärft werden.

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hat die Vermögenssteuer für tot erklärt. Was sagen Sie als Partei-Linke dazu?
Das sehe ich - wie 80 Prozent der SPD-Parteimitglieder auch - anders. Wir brauchen ein vernünftiges Konzept für eine Vermögenssteuer. Ziel ist, Menschen mit übergroßem Vermögen zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen. Es geht nicht darum, die normal verdienende Mittelschicht zu belasten.

Bei dem Namen "Magdeburger Plattform" fühlt sich manch einer an das "Magdeburger Modell" erinnert, eine zwischen 1994 und 2002 von der PDS tolerierte SPD-Minderheitsregierung. Wie bewerten Sie heute die damalige Zusammenarbeit mit der PDS?
Das war damals eine sehr verlässliche und inhaltsorientierte Zusammenarbeit ...

Mit sehr bescheidenen Ergebnissen ...
Da widerspreche ich. Die wichtigsten Grundlagen für die heutige Wirtschaftsstruktur, etwa im Bereich der chemischen Industrie, sind zwischen 1994 und 2002 gelegt worden. Und man darf nicht vergessen, dass seinerzeit die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen viel ungünstiger als heute waren. Viele große Betriebe, wie etwa das Sket in Magdeburg, wurden im Zuge der Privatisierung von der Treuhand zerschlagen. Das war natürlich eine ungeheure Hypothek, die bis heute zu Unrecht auf die rot-rote Regierung zurückschlägt.

In Sachsen-Anhalt wird 2016 ein neuer Landtag gewählt. Derzeit gibt es ein CDU/SPD-Bündnis. Wie zufrieden sind Sie mit dem Koalitionspartner?
Die Zusammenarbeit ist solide und vernünftig. Sie funktioniert ganz ordentlich. Auch wenn wir uns ab und zu in die Flicken kriegen, haben wir letztlich noch immer gemeinsam Lösungen gefunden.

Und wie ist das Verhältnis der Landes-SPD zur Linken?
Wir haben ein entspanntes Verhältnis, soweit man das zur Opposition haben kann.

Solide Zusammenarbeit mit der CDU, entspanntes Verhältnis zu den Linken. Wer wäre dann 2016 der bessere Koalitionspartner?
Das ist momentan schwer zu sagen, weil alle Parteien inhaltlich dicht zusammengerückt sind. Die CDU hat sich sehr auf unsere Themen wie Mindestlohn, längeres gemeinsames Lernen oder Kinderbetreuung zubewegt, so dass es zurzeit nur wenig Reibungspunkte gibt. Allerdings: Eine Fortführung der Großen Koalition wäre diesmal, anders als 2011, kein Selbstläufer. Aus inhaltlicher Sicht gibt es auch keine Hürde für eine Koalition mit der Linken. Ich bleibe aber dabei: Die SPD wird vor der Landtagswahl keine Koalitionsaussage treffen.

Es ist unstrittig, dass Sie als SPD-Spitzenkandidatin antreten ...
Wir haben vereinbart, die Frage der Spitzenkandidatur in der SPD im März gemeinsam zu entscheiden. Bei dem Fahrplan bleiben wir.

Ihnen wird nachgesagt, nach der Landtagswahl mit Rot-Rot zu liebäugeln ...
Ich habe grundsätzlich nichts gegen eine Fortführung der Großen Koalition, dann aber unter Führung der Sozialdemokraten. Ich sage ganz klar: Wir setzen bei der Landtagswahl 2016 auf Sieg.

Und wenn es nicht reichen sollte? Wäre dann Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün mit einem linken Ministerpräsidenten in Sachsen-Anhalt denkbar?
Das würde letztlich die Landes-SPD in einer Mitgliederbefragung entscheiden. Den Wählerinnen und Wählern muss klar sein: Wer das Thüringer Modell ablehnt, der muss die SPD starkmachen. Nach einer Umfrage des Sachsen-Anhalt-Monitors, die die SPD derzeit mit 25 Prozent vor den Linken mit 20 Prozent sieht, wäre das gar kein Thema.

Mal angenommen, die Linke würde stärker als die SPD. Wie bewerten Sie derzeit die Stimmungslage in der Partei: Würde die SPD lieber unter einem linken oder einem CDU-Ministerpräsidenten Juniorpartner?
Weder das eine, noch das andere. Wir konzentrieren uns im Moment darauf, stärker zu werden. Die Umfrage macht uns dabei Mut.

Wie bewerten Sie die Thüringer Variante?
Ich ganz persönlich würde nicht Kabinettsmitglied in einer von den Linken geführten Landesregierung werden. Ich habe schon vor einem Jahr gesagt: Vergessen wir die Geschichte nicht. Die SPD darf sich nicht ein zweites Mal schlucken lassen. Das sehe ich heute nicht anders.

Wäre eine im Koalitionsvertrag verankerte Aussage, dass die Linke die DDR als Unrechtsstaat anerkennt, Voraussetzung für ein Bündnis?
Ich persönlich fände eine solche Formulierung in einem Koalitionsvertrag gut. Ich sage aber auch: In meiner Partei wird zunehmend verärgert registriert, wie die CDU mit ihrer Vergangenheit vor 1990 umgeht. Die tun so, als wären sie erst bei den Demonstrationen 1989 geboren worden.

Nächstes Jahr beginnt der Landtagswahlkampf. Was erwarten Sie?
Ich gehe davon aus, dass die CDU mit der Warnung vor Rot-Rot Stimmung machen und Ängste schüren wird, anstatt sich mit den eigenen Skandalen zu befassen. Die spannende Frage wird sein, wie die CDU im Landtagswahlkampf mit der AfD umgeht.