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Ehrenamtliche Sterbebegleitung "Karin Papenfuß ist meine Muse"

Hunderttausende Sachsen-Anhalter engagieren sich ehrenamtlich. Die
Stendalerin Karin Papenfuß ist Sterbebegleiterin und eine von ihnen.

05.12.2014, 02:19

Stendal l Karin Papenfuß arbeitet 40 Stunden die Woche als Teamleiterin in der Arbeitsagentur, ist verheiratet und hat eine Tochter. Zusätzlich zu ihrem Familien- und Berufsleben hat die Stendalerin vor vier Jahren beschlossen, "der Gesellschaft etwas zurückzu geben".

Die 37-jährige Karin Papenfuß hat sich im Hospiz in Stendal zur Sterbegleiterin ausbilden lassen. Kraft und Zeit wollen Sterbebegleiter auf dem letzten Weg schenken. Zuhören, wenn ein Patient über seine Ängste sprechen möchte. Aber auch Lebensfreude vermitteln.

Die Begleitung von Heinz Schulze hat Karin Papenfuß übernommen, als der 63-Jährige mit der Diagnose Knochenkrebs im Krankenhaus lag. Die Metastasen wurden überraschend entdeckt. "Als wir uns kennengelernt haben, war ich ein Häufchen Elend", erzählt er. Das Hospiz hat die Sterbebeleiterin vermittelt, weil Heinz Schulze keine Verwandtschaft in der Nähe hat. Auch Kinder hatte er nie.

"Sie hat mich seelisch wieder aufgebaut."

Ihr erstes Treffen ist mittlerweile fast ein Jahr her. "Niemand hätte erwartet, dass ich es noch so lange schaffe", sagt der Krebskranke.

Anfangs ist er auf den Rollstuhl, dann auf Krücken angewiesen. Jetzt läuft er wieder gut. Schmerzfrei ist er nicht. Die Chemotherapie verträgt er, wie er sagt, "ganz gut".

"Als ich medizinisch stabiler wurde, hat Karin mich seelisch aufgebaut." Sie ist seine Stütze, als sicher war, dass er nach dem Krankenhausaufenthalt nicht mehr allein in seiner Wohnung leben könnte.

Karin Papenfuß besucht ihren "Heinzi" einmal in der Woche in dem Stendaler Seniorenheim, in dem er seitdem lebt.

"Anfangs sind wir einfach spazierengegangen", erzählt sie. Sterben und Tod kommen eigentlich nicht zur Sprache. Heinz Schulze ist nicht der erste Todkranke, den sie begleitet. Doch der erste, den sie so lange besucht. "Emotional muss natürlich ein Abstand bleiben", sagt sie. Sonst schaffe man den Job nicht. Zusammen mit den Hospizmitarbeitern werte sie ihre Arbeit aus. Jede Begleitung sei anders. Drei andere Menschen hat sie schon auf dem allerletzten Weg begleitet.

"Bei Heinz sehe ich meine Aufgabe darin, ihm noch was anderes zu bieten." Bei Ausflügen in den Tiergarten Stendal oder zum Stadtsee hat der 63-Jährige die Möglichkeit, den Seniorenheim-Alltag zu vergessen. "Er war auch schon bei uns zu Hause zu Gast", erzählt sie. Auch zu einem Musikabend, bei dem Karin Papenfuß Klavier spielt, lädt sie ihn ein.

"Dank Karin erlebe ich noch was", sagt Heinz Schulze und ergänzt: "Sie ist meine Muse zum Leben."

"Dank Karin erlebe ich noch was."

Den Eindruck, dass Karin Papenfuß dem Patienten richtig gut tut, hat auch Christiane Behrend. Sie ist Schwester in dem Stendaler Hospiz, das die ehrenamtlichen Sterbegleiter vermittelt. "Wir wählen so aus, dass Begleiter und Patient zueinander passen. Karin versprüht so einen Esprit und geht mit viel Natürlichkeit an die Sache heran", erzählt sie.

Eine so lange Begleitung ist selten, weiß auch Christiane Behrend, die seit 15 Jahren im Hospiz arbeitet. "Wir schauen immer, dass sich unsere Ehrenamtlichen nicht übernehmen." Bei Karin Papenfuß schaut sie etwas genauer hin. "Sie macht soviel und will immer noch was Besonderes bieten. Sie fühlt sich verpflichtet."

Karin Papenfuß nennt es "Verantwortung gegenüber der Gesellschaft". Ihr Engagement für Heinz Schulze ist ihr auch eine "Lehre fürs eigene Leben", sagt sie und denkt an ihre Arbeit: "Jeder jammert. Wenn ich an Heinz denke, ist das Kleinkram. Er ist einfach dankbar für jeden Tag."