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Hooligans aus dem Jerichower Land Rechten-Tour ruft Sportler und Politiker auf den Plan

In Magdeburg ist es in der Nacht zum Sonntag zu einem rechtsradikalen
Übergriff in einer Diskothek gekommen. Der Vorfall steht im Zusammenhang mit dem Abbruch eines Fußballturniers in Gommern. Im Zentrum der Ermittlungen steht ein polizeibekannter Lokalpolitiker aus dem
Jerichower Land.

Von Alexander Dinger und Andreas Mangiras 05.01.2015, 01:08

Magdeburg/Gommern l In Gommern musste ein Fußballturnier des SV Eintracht Gommern nach Handgreiflichkeiten mit Körperverletzung abgebrochen werden. Ermittelt wird jetzt gegen einen polizeibekannten 27-Jährigen aus Stresow (Jerichower Land), der auch in Magdeburg beim Übergriff in einer Diskothek dabei gewesen sein soll.

Nach Volksstimme-Informationen handelt es sich um Dennis Wesemann. Er soll einen Zuschauer angegriffen und geschlagen haben. Wesemann gilt als Mitbegründer und einer der führenden Köpfen der "Blue White Street Elite".

"Wir sind empört! So etwas ist bei uns noch nie vorgekommen!", erklärte Volker Woche, stellvertretender Abteilungsleiter Fußball des SV Eintracht Gommern, auf Volksstimme-Nachfrage zu dem Vorfall im Turnier. "Wir sind noch immer völlig geschockt über den Hergang."

Ob und welche Schlussfolgerungen aus den Vorgängen gezogen werden, wird sich am heutigen Montag zeigen. In jedem Fall ziehen die Vorfälle Kreise. Im Laufe des Tages wollen Vertreter von Fußball-Landesverband, Kreisfachverband Fußball Jerichower Land, Abteilung Fußball von Eintracht Gommern und der Polizei zusammenkommen und beraten.

Der vom Platz gestellte Dennis Wesemann gilt als Mitbegründer und einer der führenden Köpfe der gewalttätigen Hooligan-Gruppe "Blue White Street Elite". Sie trat erstmals 2005 bei einem Fußballspiel des 1. FC Magdeburg in Erscheinung. Im April 2008 erließ das Innenministerium eine Verbotsverfügung und scheiterte 2010. Wesemann hatte mit Erfolg vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Eine juristisch nicht existierende Gruppe könne nicht verboten werden, hieß es damals. Der Verfassungsschutz stuft Dennis Wesemann in die Kategorie "unstrukturierter bzw. subkultureller Rechtsextremisten" ein.

Einer der Täter sitzt im Stresower Ortschaftsrat

Mit einigen der Hooligan-Mitglieder von früher spielt Wesemann noch heute in seinem 2011 gegründeten Fußballverein FC Ostelbien Dornburg. Bei der Ortschaftsratswahl im Mai 2014 trat er in seinem Heimatort Stresow (Jerichower Land) an. Mit 71 von 256 aller abgegebenen Stimmen fuhr er das beste Ergebnis aller Kandidaten ein.

Für die Volksstimme war Wesemann am Sonntag nicht zu erreichen. Eine E-Mail blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Schockiert über den Vorfall zeigte sich David Begrich von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus Miteinander in Magdeburg. "Nicht erst seit dem Hogesa-Aufmarsch in Köln gibt es eine deutliche Schnittmenge zwischen Hooligans, Neonazis und rechter Gewalt", sagte er. Nicht zum ersten Mal seien Wesemann und seine Freunde mit Drohungen und Gewalttaten in Erscheinung getreten. "Sollte sich der Verdacht einer Beteiligung Wesemanns an den rechten Angriffen vom Wochenende bestätigen", so Begrich, "fordern wir seinen unverzüglichen Rücktritt als Mitglied des Ortschaftsrates in Stresow". Diese Forderung machte am Sonntag auch der grüne Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel auf. Die Politik müsse sich den Verbindungen zwischen Hooligans und Rechtsextremen stärker widmen. "Hier braucht es auch mehr Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes", so Striegel.

Durch den Staatsschutz der zentralen Kriminalitätsbekämpfung werden nun alle Erkenntnisse zusammengetragen, die Verbindung zur "Blue White Street Elite" geprüft und die Möglichkeiten in Bezug auf eine erneute Aufnahme eines Verbotsverfahrens gegen die Gruppierung herausgearbeitet, heißt es in einer Mitteilung der Polizei.