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Grüne in Ostdeutschland Steffi Lemke: "Die Jüngeren müssen mehr kämpfen"

09.02.2015, 01:38

Dessau l Endlich mitgestalten, eine demokratische, grüne Republik schaffen - das waren vor 25 Jahren die Ziele der ostdeutschen Grünen. "Der Euphorie folgte aber schnell die Ernüchterung, nämlich der reine Anschluss der DDR an die BRD", erzählt Steffi Lemke. Die Dessauerin, die heute für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag sitzt, zählt zu den Gründungsmitgliedern. Sie war am 9. Februar 1990 beim ersten Parteitag in Halle als 22-Jährige dabei. Auch wenn sich manche Hoffnung nicht erfüllte, findet Lemke, hätten die Aktivisten von damals die Grünen von heute entscheidend mitgeprägt.

"Der Herbst 89 war eine wahnsinnig aufregende Zeit", erinnert sich Lemke. Der Wahlkampf zur ersten und einzigen freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 sei dann aber schon eine "Schlacht westdeutscher Parteien auf ostdeutschem Boden" gewesen. Die gerade erst gegründeten Ost-Grünen, die aus Umwelt-Bewegungen in der DDR hervorgingen, konnten finanziell nicht mithalten.

"Zudem dominierte Kanzler Helmut Kohl die Medien, das erinnerte fast schon an SED-Personenkult vor der Wende." Während die ostdeutsche Grüne Partei gleich nach der Bundestagswahl 1990 mit den Grünen im Westen fusionierte, dauerte es noch bis 1993, bis auch das ostdeutsche Bündnis 90, das stärker von Friedens- und Bürgerrechtsaktivisten geprägt war, sich der Ökopartei anschloss.

Mit Angela Merkel keine echte Energiewende

Ohne die Mitglieder aus Ostdeutschland, findet Lemke, würden die Grünen heute nicht so ein klares ökologisches Profil haben. "Bei den Grünen im Westen war Umweltpolitik nur eines von mehreren Anliegen, neben zum Beispiel Frauen- und Bürgerrechtsthemen." Im Osten dagegen stieg nach der Wende der Druck, die enormen Umweltschäden, die von der maroden DDR-Industrie verursacht wurden, zu beseitigen.

Mit der Einleitung der Energiewende, dem Atomausstieg und kleineren Projekten wie dem Dosenpfand hätten die Grünen in den vergangenen Jahren viel erreicht, findet Lemke. Dennoch könne man sich nicht beim Umweltschutz zurücklehnen. "Der rücksichtslose Umgang mit der Natur findet nur nicht mehr so sichtbar wie früher statt. Dreckige Fabriken etwa haben wir nur in Länder wie China oder Vietnam exportiert." Noch immer habe die Ökonomie gegenüber der Ökologie bei vielen Entscheidungen leider Vorrang.

Lemke nimmt dabei auch ihren Parteinachwuchs in die Pflicht: "Die Jüngeren bei uns werden kämpfen müssen. Bei den harten Themen dürfen sie Konflikten nicht ausweichen und nicht handzahm werden." Die Nutzung von Kohle als Energie müsse zum Beispiel endlich ein Ende haben.

In der Parteienlandschaft seien die Grünen noch immer eine Besonderheit, meint Lemke. "Für unsere Werte und Ziele stellen wir andere Interessen auch mal hintenan." So sei es bislang zu keiner schwarz-grünen Koalition im Bund gekommen, weil eine echte Energiewende unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht umsetzbar sei. Auch 25 Jahre nach der Einheit wolle die Partei nicht wie CDU und SPD zum Establishment zählen.