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Asylbewerber in Tröglitz Einwohnerversammlung soll Ängste nehmen

11.03.2015, 01:22

Tröglitz (dpa/st) l Nach dem Rücktritt des Bürgermeisters wegen rechtsextremer Anfeindungen wird Tröglitz voraussichtlich im Mai die ersten Asylbewerber aufnehmen. Das kündigte eine Sprecherin des Burgenlandkreises am Dienstag an. Zuvor sollen die Bewohner des Ortes bei einer Einwohnerversammlung informiert werden. Der Termin dafür sei der 31. März. "Wir wollen den Einwohnern die Chance geben, Fragen zu stellen", sagte die Kreissprecherin weiter. Am Montagabend hatte der Kreistag beschlossen, dass in dem knapp 3000 Einwohner zählenden Ort Tröglitz insgesamt 40 Asylbewerber untergebracht werden sollen.

Der Rücktritt des ehrenamtlichen Ortsbürgermeisters Markus Nierth (parteilos) ruft derweil weiter Bedauern hervor. Gegen die Pläne des Kreises, in Tröglitz Wohnungen für Asylbewerber anzumieten, hatten Rechtsextreme mehrfach demonstriert. Nierth war zurückgetreten, weil es auch vor seinem Haus Proteste geben sollte und er nach eigenen Angaben zu wenig Unterstützung erfuhr. Dem "Tagesspiegel" (Mittwoch) sagte Nierth: "Ich glaube, dass die Gutherzigen jetzt mutiger geworden sind und merken, worum es geht." Es sei wirklich ein Ruck durch den Ort gegangen.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag), der Fall des ehrenamtlichen Lokalpolitikers bewege sie. "Und ich verstehe die Verzweiflung, die Nierth angesichts der Untätigkeit der Behörden verspürt hat, die offenbar zu wenig getan haben gegen die rechtsextremistischen Umtriebe in dem Ort." Linke-Chef Bernd Riexinger teilte mit: "Was wir in Tröglitz erleben, ist das Scheitern einer Politik, die soziale Probleme missachtet und auf dem rechten Auge blind ist."

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der "Berliner Zeitung": "Wenn sich in unserer rechtsstaatlichen Demokratie ein gewählter Bürgermeister vor einem braunen Mob nicht mehr geschützt sieht, müssen alle Alarmglocken schrillen." Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach von einem unheilvollen Signal für die Demokratie. "Die Stärkung der Kommunen im Kampf gegen Rechtsextremismus ist wichtiger denn je."

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma forderte von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) konsequentere Schritte gegen die Bedrohungsstrategien der Rechtsextremisten. Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund verurteilte die Anfeindungen durch Rechtsextremisten scharf. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sprach in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" von einem Einzelfall. Die ganz große Mehrheit der Bevölkerung sehe die Notwendigkeit, Flüchtlingen zu helfen, und beteilige sich daran.

Innenminister lädt vor Ort zu Arbeitstreffen
Vor dem Hintergrund der Ereignisse in Tröglitz lädt Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) Polizisten und Verfassungsschützer an diesem Freitag zu einer Arbeitsbesprechung ins nahe Zeitz. Ziel sei der länderübergreifende Informations- und Erfahrungsaustausch über Rechtsextreme im Länderdreieck zwischen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, teilte das Innenministerium am Dienstag mit.

Er hatte bereits angekündigt, einen Erlass zu erarbeiten, der es möglich macht, Demonstrationen vor den Wohnhäusern ehrenamtlicher Kommunalpolitiker zu verbieten.