1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Abrissanträge für Baudenkmäler auf neuem Tiefststand

Denkmalschutz Abrissanträge für Baudenkmäler auf neuem Tiefststand

Von Ann-Christin Schneider 25.03.2015, 01:27

Bernburg (dpa) l Es ist ein Ort mit Geschichte: Wann immer der Herzog von Anhalt-Bernburg und andere hohe Persönlichkeiten im 19. Jahrhundert mit der Eisenbahn von Bernburg nach Köthen (Salzlandkreis) reisen wollten, wurden sie im heute sogenannten Makarenko-Haus empfangen. Doch von der einstigen klassizistischen Pracht des 1846 erbauten Bernburger Bahnhofsgebäudes ist nicht mehr viel zu sehen, lange schon steht es leer. Es wird gerade abgerissen. Damit teilt es das Schicksal einer Reihe von denkmalgeschützten Bauten in Sachsen-Anhalt.

72 Mal wurden 2014 nach Angaben des Landesverwaltungsamtes Anträge auf Abriss denkmalgeschützter Gebäude gestellt. Damit ist ein Tiefpunkt der vergangenen sieben Jahre erreicht. 2007 waren es noch doppelt so viele Abrissanträge. Nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes ist der Abriss legitim. Die Hürden sind aber hoch.

Im Land gibt es 29000 denkmalgeschützte Bauten
Geprüft wird solch ein Antrag durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (LDA) in Halle. "Wir geben eine Stellungnahme ab, ob der Denkmalschutz durch höhere Interessen aufgewogen wird", sagt Pressesprecher Alfred Reichenberger. Eingriffe an denkmalgeschützten Gebäuden in Sachsen-Anhalt dürften laut Gesetz nur genehmigt werden, wenn die Erhaltung eine unzumutbare Belastung für den Eigentümer sei. Zudem spiele eine Rolle, ob es ein wissenschaftliches oder öffentliches Interesse an den denkmalgeschützten Bauten gebe.

In Bernburg verschandeln viele Graffiti die Fassade, und auch der Zahn der Zeit nagt an dem denkmalgeschützten Gebäude. Seit der Wende steht das Makarenko-Haus leer. Seit wenigen Wochen bereitet der Eigentümer des Denkmals, das Chemie-Unternehmen Solvay, den Abriss vor. "Es kam immer wieder zu Vandalismus im und am Gebäude und wir mussten ständig Geld für die Instandhaltung und Verkehrssicherung aufwenden", erklärt Wolfgang Ohrmann, der bei Solvay in Bernburg für die Liegenschaftsverwaltung zuständig ist.

Das Unternehmen sah sich mit der Immobilie schlichtweg zu stark belastet. Eine Sanierung wäre zu teuer, Verkaufsversuche scheiterten. "Wir bedauern, dass es keinen Interessenten gibt und wir das Bauwerk jetzt abreißen müssen", so Ohrmann.

Das Landesamt für Denkmalpflege in Halle hat jede Menge mit der Prüfung solcher Anträge zu tun. Laut Sprecher Reichenberger plädiert das LDA für den Erhalt denkmalgeschützter Gebäude. Doch nicht immer werde dem Gutachten entsprochen. Es werde im Einzelfall entschieden. "Manchmal hat die Denkmalbehörde eine andere Meinung zu unserer Einordnung", sagt Reichenberger. Nach seinen Angaben gibt es etwa 29000 denkmalgeschützte Bauten und 2300 geschützte Denkmalbereiche in Sachsen-Anhalt.

Wie vielen Anträgen auf Abriss letztlich stattgegeben wurde, ist nach Angaben der Sprecherin des Landesverwaltungsamtes, Denise Vopel, schwer einzuschätzen. "Die Bearbeitung zieht sich teilweise über Jahre hinweg", erklärt Vopel. Beim Makarenko-Haus in Bernburg war der Antrag im Herbst 2014 erfolgreich. Ende April sollen die Abrissarbeiten beendet sein. Das Chemie-Unternehmen Solvay hofft, dass das etwa 2000 Quadratmeter große Grundstück danach besser vermarktet werden kann.