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Trauer in Gommern und Möckern Defekter Gasofen löst Tafel-Unglück aus

Nach dem schweren Unglück am Donnerstag trauern Gommern und Möckern um
die drei getöteten ehrenamtlichen Tafel-Helfer. Ein defekter
Propangas-Ofen soll an der Verpuffung in der Ausgabestelle Schuld sein.
Die Opfer befanden sich in dem Raum.

Von Matthias Fricke und Franziska Ellrich 04.04.2015, 01:23

Gommern l Alexandra Rießler von der Magdeburger Tafel und der stellvertretende Landesvorsitzende der Tafeln in Sachsen-Anhalt, Holger Franke, stehen am Freitagmorgen betroffen vor dem Flachbau der Ausgabestelle in Gommern. An der Eingangstür sichtbar zeugt aber nur noch ein Siegel der Polizei von der Tragödie des Vortages.

"Wir sind alle zutiefst erschüttert und wollten uns die Situation vor Ort selbst ansehen. In der nächsten Woche besprechen wir, wie der Tafel hier geholfen werden kann", sagt Franke. Sein Vorsitzender Andreas Steppuhn äußert sich später ähnlich und kündigt an, die Sicherheit in den 28 zum Landesverband gehörenden Tafeln überprüfen zu wollen.

Helfer kommen von der Suchtkrankenhilfe

Inzwischen können die Spezialisten des Landeskriminalamtes und die Polizei das Drama weitgehend rekonstruieren:

Zwischen 14 und 16 Uhr geben die Ehrenamtlichen aus Gommern und Möckern wie an fast jedem Donnerstag die Essenpakete für die Bedürftigen aus. Die Räume befinden sich in einem Flachbau im Gewerbegebiet der Kleinstadt etwa 20 Kilometer südlich von Magdeburg. Die kostenlose Ausgabe der von Supermärkten und anderen Unternehmen gespendeten Lebensmittel erfolgt an etwa 30 bis 50 Bedürftige. So soll es auch an diesem Tag gewesen sein. Gegen 16 Uhr sind die fünf ehrenamtlichen Mitarbeiter der Tafel bereits beim Aufräumen.

Durch einen technischen Defekt an dem Propangasofen in einem der Räume strömt Gas aus. Wie genau, das ist noch immer nicht ganz eindeutig geklärt. Mike von Hoff von der Polizeidirektion Nord: "Dazu müssen noch Spuren und Hinweise zur Entstehung des Unglücks ausgewertet werden."

Drei Helfer befinden sich zu diesem Zeitpunkt in dem entsprechenden Raum. Es sind eine 59-jährige Frau und ein 72-jähriger Mann aus Möckern sowie ein 32-Jähriger aus Gommern. Noch unklar ist, woher der Zündfunke am Ende für das Unglück kommt. Fest steht, dass das bereits ausgeströmte Gas zu einer großen Stichflamme und damit einer enormen Hitzeentwicklung führt. Die drei Helfer haben daher keine Chance.

Die beiden anderen Ehrenamtlichen und ein Mann aus einer benachbarten Firma wollen noch Hilfe leisten. Sie erleiden einen Schock. Nur Minuten später sind Feuerwehr und der Notarzt mit Rettungshubschrauber vor Ort.

Auch in Möckern herrscht tiefe Betroffenheit. Wolfgang Auerbach, Leiter des Möckeraner "Ambulant betreuten Wohnens", ringt um Worte: "Was ich jetzt tun kann, ist denjenigen, die überlebt haben, jede Unterstützung zu geben."

Das "Ambulant betreute Wohnen" der DRK-Suchtkrankenhilfe Möckern bietet seit 2006 die "Tafeln" in Möckern und Gommern an. Die ehrenamtlichen Helfer sind dabei zum Großteil selbst Klienten der Suchtkrankenhilfe und geben die Lebensmittel an die Bedürftigen weiter. Möckerns Stadtbürgermeister Frank von Holly (CDU) sagt: "Das ist alles furchtbar. Besonders, weil hier es auch Betroffene selbst sind, die ehrenamtlich anderen helfen wollten."

Man könne nur hoffen, dass es bald wieder möglich ist, das Projekt in Gommern fortzusetzen.

Osterfeuer in der Stadt Gommern abgesagt

Angesichts der Tragödie sagt die Stadt Gommern das für heute geplante Osterfeuer ab. "Wir sind alle tief betroffen", so Bürgermeister Jens Hünerbein (parteilos), der als Feuerwehrmann selbst vor Ort war und das ganze Drama miterleben musste.

Landrat Steffen Burchhardt (SPD) ist ebenfalls am Donnerstag vor Ort geeilt. Er sagt: "Alle Kräfte haben sehr gut zusammengearbeitet und sich um den Unfallort sowie die traumatisierten Augenzeugen vorbildlich gekümmert." Er spricht sich für eine zentrale Trauerfeier für die Zeit nach Ostern aus. Burchhardt: "Unser Mitgefühl gilt vor allem den Hinterbliebenen der Verstorbenen."

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) spricht noch am Abend den Angehörigen der Opfer und Verletzten seine Anteilnahme aus: "Das macht uns alle tief betroffen."