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Bevölkerung Sachsen-Anhalt fehlen die Frauen

Laut aktueller Bevölkerungsprognose geht die Geburtenzahl nach 2020 allmählich zurück, bis 2060 verliert Deutschland rund zehn Millionen Einwohner. In Sachsen-Anhalt verläuft der Prozess deutlich dramatischer.

Von Jens Schmidt 29.04.2015, 03:17

Magdeburg l Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat seine aktuelle bis 2060 reichende Bevölkerungsprognose für Deutschland vorgelegt. In den nächsten zehn Jahren verläuft die Entwicklung demnach noch recht moderat. Die Experten errechneten bis 2020 stabile Geburtenzahlen. Das liegt daran, dass die Gruppe der 20- bis 30-Jährigen, also der potenziellen Mütter und Väter, "recht gut besetzt ist", wie die Statistiker sagen. Erst nach 2020 wird die Zahl der Babys von jährlich gut 700 000 allmählich auf 500 000 sinken.
In Sachsen-Anhalt verläuft dieser Prozess wie im ganzen Osten deutlich schneller. Hier wird nach vorliegender Prognose des Statistischen Landesamtes die Geburtenzahl schon in den kommenden zehn Jahren von derzeit knapp 17 000 auf 9300 zurückgehen. Dies wäre nach 1990 die zweite Halbierung. In den 70er und 80er Jahren kamen auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt jährlich noch zwischen 35 000 und 45 000 Kinder zur Welt. Der harte Geburtenknick nach der Wende und die massenhafte Abwanderung vor allem junger Familien zieht ein erneutes Absinken nach sich. Sachsen-Anhalt verlor nach 1990 mehr als 300 000 seiner Einwohner an westliche Bundesländer, das sind mehr als zehn Prozent seiner gesamten Bevölkerung. Nun fehlen junge Eltern: Noch Mitte der 90er Jahre lebten gut 550 000 junge Frauen in Sachsen-Anhalt - mittlerweile sind es nur noch etwa 320 000. Dieser Rückgang ist so stark, dass die in Sachsen-Anhalt lebenden Mütter künftig im Mittel drei Kinder haben müssten, um den negativen Geburtentrend umzukehren. Tatsächlich liegt das statistische Mittel aber bei 1,4 - wie in ganz Deutschland.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte familienfreundlichere Arbeitsbedingungen. "Wir brauchen wieder mehr Kinder in unseren Familien", hatte er im Volksstimme-Interview am Dienstag gesagt. Themen wie eine 32-Stunden-Woche für junge Eltern oder mehr Heimarbeitsplätze müssten tabulos diskutiert werden.
Bleibt es beim aktuellen Trend, wird das Geburtenminus in Sachsen-Anhalt Jahr für Jahr größer. Mit prognostizierten 1,94 Millionen liegt die Einwohnerzahl schon 2025 bei 86 Prozent des Wertes von 2013. Inwieweit eine steigende Zuwanderung das abbremsen kann, wird das Statistische Landesamt Ende des Jahres in seiner Prognose für Sachsen-Anhalt darlegen.