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Flüchtlingsunterkünfte Katrin Budde: "Rosinenpickerei geht nicht"

Um die 11.000 Asylbewerber müssen in diesem Jahr in Sachsen-Anhalt untergebracht werden. Das Innenministerium und die Wohnungswirtschaft tun sich damit schwer, was wiederum die Integrationsbeauftragte Susi Möbbeck erzürnt.

21.05.2015, 01:13

Magdeburg l "Wenn es um Asylbewerber geht, wird mit Zahlen nur so um sich geschmissen", kritisiert die Integrationsbeauftragte Susi Möbbek. Ihr Ärger richtet sich gegen die Wohnungswirtschaft. Verbandsdirektor Ronald Meißner hatte sich trotz vieler leerstehender Wohnungen gegen die Unterbringung von Asylbewerbern ausgesprochen, weil 70 Prozent von ihnen wieder abgeschoben werden würden.

"Das stimmt jedoch nicht", betont Möbbeck, "lediglich 43 Prozent der Asylbewerber bekommen kein dauerhaftes Bleiberecht." Und eine Ablehnung sei auch nicht mit einer Abschiebung gleichzusetzen. "Wer abgelehnt wird, kann vor dem Verwaltungsgericht klagen, solche Prozesse können Jahre dauern", erklärt Möbbeck. "Die Wohnungswirtschaft sollte daher nicht zwischen jenen mit und jenen ohne Bleiberecht unterscheiden, beide Gruppen müssen integriert werden."

Bessere Chancen auf Bleiberecht

Vor diesem Hintergrund kritisiert Möbbeck auch die Pläne von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) scharf. Der will eine zweite Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber aufbauen, so dass Asylbewerber mit geringen Chancen auf ein Bleiberecht gleich bis zu ihrer Abschiebung in der Anlaufstelle verbleiben und nicht erst auf die Kommunen aufgeteilt werden.

"Hier macht der Innenminister den Kommunen falsche Hoffnungen, die Welle von Asylbewerbern ist für die geplanten Kapazitäten zu groß." Hinzu komme: Anders als in den vergangenen Jahren seien immer mehr Asylbewerber mit guten Aussichten auf ein Bleiberecht dabei. "Flüchtlinge aus Syrien bilden die größte Gruppe, sie werden zu 90 Prozent anerkannt."

Kritik üben auch die Parteien: "Rosinenpickerei nach dem Motto \\\'guter Flüchtling\\\' - \\\'schlechter Flüchtling\\\' darf es nicht geben", sagt SPD-Fraktionschefin Katrin Budde. Ein Recht auf menschenwürdige Unterbringung hätten alle. Grünen-Politiker Sören Herbst erklärte, die Wohnungsgesellschaften müssten den Flüchtlingszustrom vielmehr als Chance betrachten, um Leerstände zu mindern. Derzeit beträgt die Leerstandsquote bei den Genossenschaften 9,3 Prozent und bei den Wohnungsgesellschaften 14 Prozent.

Sachsen-Anhalt soll dezentrale Unterbringung finanzieren

Allerdings steht auch nicht jede Gesellschaft Asylbewerbern kritisch gegenüber. Heinrich Sonsalla, Chef der Wobau Magdeburg, erklärte, seine Gesellschaft unterscheide nicht beim Aufenthaltsstatus. Um Integration zu gewährleisten, müsse das Land aber Sozialarbeiter nicht nur für Gemeinschaftsunterkünfte, sondern auch für dezentrale Unterbringungen finanzieren. Das fordert auch die Integrationsbeauftragte. Möbbeck meint, der Personenschlüssel müsste bei eins zu 100 liegen. Laut CDU-Fraktionschef André Schröder will das Land hier auch aufstocken, die Zahl der Stellen soll sich auf 38 verdoppeln.

Linken-Politikerin Henriette Quade fordert, Asylbewerber grundsätzlich schneller in Wohnungen unterzubringen. Die Lebensbedingungen in Gemeinschaftsunterkünften seien häufig problematisch, zudem könnte die Zahl der Angriffe von Rechtsextremen auf solche Heime steigen.