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Landesrechnungshof rügt schwere Verstöße "Kollektives Versagen bei der IBG"

Der Präsident des Rechnungshofs von Sachsen-Anhalt, Kay Barthel (CDU), hat der landeseigenen Investitions- und Beteiligungsgesellschaft (IBG) ein verheerendes Zeugnis ausgestellt. Er kritisierte Intransparenz und fehlende Kontrollen. So sei es zu teils schweren Verstößen gekommen.

Von Michael Bock 02.06.2015, 03:36

Magdeburg l Barthel, der erst seit März im Amt ist, sprach am Montag von einem "kollektiven Versagen" aller IBG-Entscheidungsgremien. Zu diesen zählen vor allem der Beteiligungsausschuss und der Aufsichtsrat. Beiden Gremien gehören auch Vertreter des Wirtschafts- und des Finanzministeriums an.

Die IBG war 1996 gegründet worden. Über diese Gesellschaft versorgt das Land Betriebe mit Risikokapital. Dabei kam es nach Erkenntnissen der obersten Kassenprüfer zu Unregelmäßigkeiten. "Schwere Verstöße" stellte der Rechnungshof etwa bei der Förderung der ACM Coatings GmbH (ACM) fest, in welche die IBG 2005 eine Million Euro investierte. Allerdings wurden die Förderbedingungen bis heute nicht erfüllt. Kay Barthel: "Die ACM hat zu keinem Zeitpunkt innovative Produkte in Sachsen-Anhalt hergestellt. Ebenso wenig sind Arbeitsplätze vor Ort entstanden - außer dem Geschäftsführerposten."

"Das System war missbrauchsanfällig."
Anderes Beispiel: 2007 beteiligte sich die IBG mit drei Millionen Euro am Unternehmen "20/10 Perfect Vision AG". Trotz der entsprechenden Auflage im Beteiligungsvertrag hat dieses Unternehmen jedoch seit Beginn keinen Standort in Sachsen-Anhalt. Dennoch gab es sogar Folgebeteiligungen an dem Unternehmen.

Laut Rechnungshof wurden solche Verstöße gegen die eigenen Regeln auch durch fehlende Kontrollen, Intransparenz, mangelhafte Organisationsstrukturen und nicht vorhandene Sanktionsmöglichkeiten begünstigt. "Das System war missbrauchsanfällig", sagte Barthel. Zwischen den IBG-Gremien habe es "nur sehr wenig Kommunikation" gegeben. Der Rechnungshofpräsident kritisierte zudem, dass die für die Bewilligung von Fördergeld nötigen Prüfkriterien größtenteils nicht abgefordert worden seien. So ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich, ob auch Unternehmen Geld bekamen, die es nach den IBG-Grundsätzen nicht hätten bekommen dürfen - etwa solche in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Der frühere IBG-Manager Dinnies von der Osten profiterte davon. Er machte Geschäfte, indem er heimlich eigenes Geld in Unternehmen steckte, für die er auch öffentliche Beteiligungen auf den Weg brachte.

Barthel: "Wenn man die Lücken im System kennt, kann man relativ komfortabel Entscheidungen treffen - nicht nur zu Gunsten des Landes."

Der Rechnungshof fordert, Risikokapital künftig nachhaltiger einzusetzen. Zwischen 2007 und 2013 habe die IBG ein Defizit von knapp 80 Millionen Euro verzeichnet. Die IBG wird mit viel Geld der Europäischen Union gefördert. Die Kassenprüfer befürchten, dass die EU wegen der Ungereimtheiten bei der IBG 74,9 Millionen Euro nicht erstatten könnte.

Die Zuständigkeit für die IBG liegt beim Wirtschaftsministerium (Fachaufsicht) und beim Finanzministerium (Gesellschafterrechte).