1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Qualifikation soll über Aufenthalt entscheiden

Flüchtlinge gezielt verteilen Qualifikation soll über Aufenthalt entscheiden

Kenntnisse und Kompetenzen von Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt könnten künftig bereits in der Erstaufnahmestelle erfasst werden. Flüchtlinge sollen dann gezielt in Regionen geschickt werden, die Fachkräfte benötigen. Den Grünen geht der Vorschlag nicht weit genug.

05.06.2015, 01:29

Magdeburg l "Wir müssen frühzeitig erkennen, welche Kompetenzen und Qualifikationen Asylsuchende mit Bleiberecht haben, damit wir sie gezielt auf die Regionen verteilen können", sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Donnerstag im Landtag. Sein Ministerium prüfe derzeit, ob ein solches Verfahren in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZASt) in Halberstadt eingerichtet werden kann.

Vorbild ist für den Innenminister ein Modellprojekt der Arbeitsagentur und des Bundesamtes für Flüchtlinge und Migration, das momentan an neun Standorten im Bundesgebiet durchgeführt wird. Die Qualifikationen der Asylsuchenden werden dabei allerdings erst nach der Verteilung in die Kommunen erfasst. Ein Fehler, findet Stahlknecht und will das Projekt für Sachsen-Anhalt anpassen. "Im Augenblick wird verteilt und sie haben möglicherweise einen gut ausgebildeten Bäcker, der in Mansfeld-Südharz untergebracht, aber eigentlich im Burgenlandkreis gebraucht wird", erklärte der Minister.

Sein Ministerium prüfe ebenfalls, ob die Hilfen zur Erstorientierung ausgeweitet werden könnten. Dabei geht es darum, Flüchtlinge zum Beispiel über das politische System in Deutschland aufzuklären oder praktische Alltagstipps zu geben. Zudem, so Stahlknecht, sei es wichtig, erneut über die rechtlichen Voraussetzungen rund um das Thema Ausbildungsplätze für Flüchtlinge zu informieren. Unternehmer bräuchten Sicherheit, dass eingestellte Flüchtlinge ihre Ausbildung beenden könnten. "Die geltende Rechtslage lässt das zu. Aber sie ist vielen nicht bekannt", gab Stahlknecht zu.

Der Innenminister bekräftigte erneut, dass diese Maßnahmen ausschließlich für Asylsuchende gelten, die langfristig in Deutschland bleiben dürfen. Abgelehnte Asylbewerber werde Sachsen-Anhalt weiterhin abschieben. "Wenn es bei der Gewährung von humanitärem Schutz bleiben soll, gilt es zu verhindern, dass das Verfahren gezielt für eine Zuwanderung zu nicht-asylrelevanten Zwecken missbraucht wird", erklärte Stahlknecht. Aus wirtschaftlichen Interessen kämen vor allem Menschen aus dem West-Balkan vermehrt nach Deutschland.

Abgeordnete der Grünen hatten das Thema auf die Tagesordnung gebracht. Ihnen gehen die Vorschläge des Innenministeriums nicht weit genug. Sie forderten, eine "echte Ankommenskultur" zu schaffen. "Arbeitszuwanderung und Geflüchtete gehören zusammen. Es muss das Ziel sein, für jede Person einen maßgeschneiderten Integrationsplan zu entwickeln und den Menschen so einen gezielteren Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen", sagte der Abgeordnete Sören Herbst (Grüne).

In Sachsen-Anhalt war die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden in den ersten drei Monaten des Jahres in Sachsen-Anhalt knapp 2900 Erstanträge auf Asyl gestellt; im Vorjahresquartal waren es rund 930. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge werden in diesem Jahr rund 11400 Asylbewerber nach Sachsen-Anhalt kommen; im Vorjahr waren es etwa 6600.