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Rechnungshof konstatiert "erhebliche Mängel" Prüfer zerpflücken Privatisierungspläne

Nach der Fördergeld-Affäre will die Landesregierung die
Management-Aufgaben der unter Druck geratenen landeseigenen Gesellschaft
IBG erneut in private Hände geben. Doch jetzt stellt sich der
Landesrechnungshof quer. Auch die Opposition will die Regierungspläne
durchkreuzen.

Von Michael Bock 17.06.2015, 03:10
Der Rechnungshof hat die IBG scharf kritisiert. Foto: J. Wolf/Archiv
Der Rechnungshof hat die IBG scharf kritisiert. Foto: J. Wolf/Archiv dpa-Zentralbild

Magdeburg l Am heutigen Mittwoch befassen sich der Finanz- und der Wirtschaftsausschuss des Landtags mit der Frage, wer künftig die Management-Aufgaben der IBG übernimmt. Die Landesregierung will diese ab dem 1. Juli an die private bmp Beteiligungsgesellschaft AG (Berlin) übertragen. bmp hatte die europaweite Ausschreibung des Landes gewonnen.

Über die IBG versorgt das Land Betriebe mit Risikokapital. Dabei hatte der Rechnungshof viele Verstöße aufgedeckt.

"Betrachtung der Wirtschaftlichkeit ist fehlerhaft." - Rechnungshofpräsident Kay Barthel

Rechnungshofpräsident Kay Barthel kritisiert jetzt auf sieben DINA4-Seiten das Verfahren. Das Finanzministerium habe die Notwendigkeit einer externen Vergabe der Management-Aufgaben "nicht hinreichend begründet", heißt es in dem Papier. "Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Ministeriums ist fehlerhaft." Der Kostenvergleich weise "erhebliche Mängel" auf. Bestimmte Zahlen seien "unrealistisch niedrig", die für eine Privatisierung angesetzten Kosten "unvollständig". Die externe Lösung sei teurer als eine interne, bei der die IBG das Management übernähme, sagen die Prüfer.

"Wer kontrolliert die Vergabe von Risikokapital?" - Olaf Meister (Grüne)

Der Rechnungshof kritisiert auch die geplante Vergütung der Management-Gesellschaft. Diese hänge größtenteils vom Volumen der Beteiligungen ab. Damit bestehe ein "Fehlanreiz, Beteiligungen ohne ausreichende Risikobewertung einzugehen". Unklar sei zudem, wer die Berichte der Management-Gesellschaft auswerte und wer die umfassenden Kontrollaufgaben wahrnehmen solle. Der Rechnungshof empfiehlt, "das Beteiligungsmanagement auf der Basis des aktuellen Geschäftsbesorgungsvertrags nicht zu vergeben."

bmp soll die Nachfolge der privaten Gesellschaft GoodVent antreten, von der sich das Land 2013 getrennt hatte. Zuvor war bekannt geworden, dass GoodVent-Manager Dinnies von der Osten heimlich an mehreren geförderten Unternehmen selbst beteiligt war. Geplant ist nun, dass bmp die früheren GoodVent-Mitarbeiter - allerdings ohne die beiden Geschäftsführer - übernimmt.

Die Opposition im Landtag hält es schlichtweg für falsch, das operative Geschäft erneut in die Hände einer privaten Gesellschaft zu legen. Olaf Meister (Grüne) fordert die Regierung jetzt auf, den Bedenken des Landesrechnungshofs Rechnung zu tragen und auf die Vergabe zu verzichten. Es bleibe die Frage offen, "wer mit der erforderlichen Qualität und Kompetenz von Landesseite die Vergabe von Risikokapital steuert und kontrolliert". Frank Thiel (Linke) warnt mit Blick auf die schlechten Erfahrungen mit GoodVent davor, Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.

"Es gibt noch viel Erklärungsbedarf." - Eva Feußner, CDU

Auch in den Regierungsfraktionen regt sich Unmut. Eva Feußner (CDU) sagte: "Es gibt noch viel Erklärungsbedarf." Rüdiger Erben (SPD) betonte: "Ich bin kein Fan einer Privatisierung."

Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte, das Kabinett habe bereits vor mehr als einem Jahr die europaweite Ausschreibung der Management-Leistungen einstimmig beschlossen. Es habe acht Bewerber gegeben. Letztlich habe bmp mit deutlichem Vorsprung das Rennen gemacht.