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Klimaabgabe Neue Heizungen statt Kohlestopp

Sachsen-Anhalts Kohlebranche kann offenbar aufatmen: Eine geplante neue Abgabe und das Aus von Kraftwerksöfen ist abgewendet. Stattdessen sollen für mehr Klimaschutz Heizungen modernisiert und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) gefördert werden.

Von Jens Schmidt 19.06.2015, 03:10

Magdeburg l Damit Deutschland seine gesteckten Klimaziele erreicht, will die Bundesregierung bis 2020 eine zusätzliche Kohlendioxid-Reduktion von 22 Millionen Tonnen in der Energiebranche durchsetzen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte daher eine Klimaabgabe auf ältere Kohlekraftwerke vorgeschlagen, die jedoch auf heftige Ablehnung bei Gewerkschaften, Energieversorgern und Landespolitikern stieß.

Nach mehreren Verhandlungen ist die Abgabe offenbar vom Tisch. "Sie wäre ein völlig untaugliches Instrument gewesen, da wir statt heimischen dann eben polnischen und tschechischen Kohlestrom im Netz gehabt hätten", sagt Johannes Kempmann, Geschäftsführer bei den Städtischen Werken Magdeburg und Präsident des Bundesverbandes der Energieversorger. Stattdessen solle mit drei anderen Instrumenten wirkunsgvoller Klimaschutz betrieben weden:

Die Heizungsumrüstung von Privathaushalten soll stärker gefördert werden. Das betrifft nicht nur alte Ölheizungen im Westen. Angesprochen sind auch viele Hausbesitzer im Osten, deren nach der Wende installierten Anlagen oft auch noch nicht mit sparender Brennwerttechnik ausgestattet sind. Die Bergbaugewerkschaft IGBCE fordert eine Abwrackprämie für alte Heizungen.

Die hocheffektive Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) soll wieder stärker gefördert werden. Sie liefert Strom und gleichzeitig Wärme. Die derzeit vorhandenen Anlagen allein sparen 56 Millionen Tonnen CO² im Jahr.

Ein Teil der Kohlekraftwerke soll vom Markt genommen werden und als Reserve dienen. In Rede stehen 6 Gigawatt - von insgesamt aktuell 48 Gigawatt installierter Kohlekraftleistung. Betroffen sein sollen Großkraftwerke, wozu Sachsen-Anhalts Öfen jedoch nicht zählen.

Verbraucher zahlt die Förderung

Kempmann hält vor allem eine stärkere KWK-Förderung für wichtig. Sachsen-Anhalts Regierung stützt das. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte in Richtung Bundesregierung: "Hier kommen wir an einer Gesetzesnovelle nicht vorbei." Viele dieser Strom-Wärme-Kraftwerke stehen in Betrieben. Sie können wegen stark gefallener Börsenpreise oft nicht mehr kostendeckend Strom produzieren.

Gabriel hat die Unterstützung auf 750 Millionen Euro beschränkt. Angepeilt werden müsste nach Überzeugung der Energiebranche das Doppelte. Hinzu kommt das Problem, dass derzeit vor allem nur große Anlagen profitieren, was Mittelständler benachteiligt. Energieunternehmen wie Getec in Magdeburg sehen daher Handlungsbedarf. Volker Schulz, Vorstandssprecher der "Getec heat power AG", sagt: "Mit einer reinen Anhebung des KWK-Förderdeckels wäre es nicht getan. Auch die Förderkriterien bei industrieller KWK müssen angepasst werden."

Die Förderung wird vom Verbraucher bezahlt. Versorger halten dies aber für überschaubar. Für die hocheffektive Strom-Wärme-Produktion zahlt der Kunde etwa 0,25 Cent je Kilowattstunde. Für Ökostrom (Sonne und Wind) sind 6,17 Cent fällig, obwohl diese Energie naturbedingt nicht zuverlässig fließt.

Ein Kompromiss liege in greifbarer Nähe, hieß es in der SPD-Landtagsfraktion, deren Fraktionsvize Rüdiger Erben in Berlin mitverhandelt. SPD-Chefin Katrin Budde: "Vor allem sind wir froh, dass Tausende Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt aus der Gefahrenzone gebracht werden." Die Verhandlungsgruppe will sich nächste Woche erneut treffen. Gabriels Ministerium bestätigte die frohe Botschaft daher noch nicht. "Die Gespräche laufen weiter" , hieß es dort.