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Hübner-Gruppe Bullerjahn drohte mit Rücktritt

Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) hat beim
Koalitionsausschuss mit seinem Rücktritt gedroht. Er fordert von der CDU
Rückendeckung in der Frage des umstrittenen Zinserlasses.

Von Michael Bock 02.07.2015, 03:03

Magdeburg l Die Nachbeben des hektisch eingerufenen 70-minütigen Koalitionsausschusses am Dienstag waren am Tag danach allerorten spürbar. "Bei Bullerjahn flattern die Nerven", heißt es in CDU-Kreisen. "Er fühlt sich von Feinden umzingelt und leidet unter Verfolgungswahn." In der Unionsspitze regt sich großer Unmut. Einer formuliert es drastisch: "Der Bullerjahn dreht durch." Für andere ist Bullerjahn schlichtweg ein "Problemfall".

Der zu sehr emotionalen Reaktionen neigende Minister habe sich in der Krisensitzung "wie eine Furie" auf CDU-Fraktionschef André Schröder gestürzt, berichten Teilnehmer. "Der Vulkan ist wieder ausgebrochen. Das war heftig." Grund: Schröder hatte im MDR mit Blick auf den 270000-Euro-Zinserlass für Unternehmen der Schlossgruppe Neugattersleben unter anderem gesagt: "Das ist ein nachdenklich stimmender Vorgang." Bullerjahn empfand das als Distanzierung des Koalitionspartners, inakzeptabel und menschlich entäuschend. Es gehe um seine Reputation. Er erwarte, dass die Fraktionschefs von CDU und SPD sowie Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am Freitag in der Landtagsdebatte zum Zinserlass Flagge zeigten

Rücktrittsdrohung

Bullerjahn setzte Haseloff die Pistole auf die Brust: Es reiche nicht, sich nur abzuducken. Der Regierungschef müsse im Landtag reden und sich dabei hinter ihn stellen. Für den Fall, dass ihm Unterstützung verwehrt werde, drohte er mit Rücktritt. "Wir haben Tacheles geredet", sagte Bullerjahn gestern der Volksstimme. "Wenn man kein Vertrauen mehr hat, braucht man nicht weiterzumachen."

Schon vor zwei Jahren hatte Bullerjahn mit Rücktritt gedroht. Im April 2013 überwarf er sich wegen des geplanten Sparkurses an den Hochschulen mit Wissenschafts- und Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU). "Entweder die oder ich", soll er zu Haseloff gesagt haben. Haseloff feuerte Wolff.

Druck Bullerjahns standgegeben

Auch diesmal lenkte Haseloff ein und sagte zu, im Landtag zu reden. CDU-intern wird es kritisch gesehen, dass der Ministerpräsident wieder einmal dem Druck Bullerjahns nachgegeben und sich jetzt ein brisantes Thema auf den Tisch gezogen hat. Andere verteidigen diese Linie und sagen, dass ein Rücktritt Bullerjahns sogar zum Koalitionsbruch hätte führen können: "Haseloff hat die Regierung gerettet. Er war der letzte Anker."

Haseloffs Geduld mit Bullerjahn ist nach Beobachtung vieler inzwischen überstrapaziert. Einem Vertrauten soll er gesagt haben, er halte dieses Theater seit vier Jahren aus. Er spiele aber mit, um den Fortbestand der Koalition zu sichern.