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Mini-Nachzahlung 0,1 Prozent mehr für die Richter

Vier Juristen aus Sachsen-Anhalt haben schwarz auf weiß, dass ihr
Beamtensold verfassungswidrig niedrig war. Jetzt folgt die Ernüchterung:
Wesentlich mehr Geld sollen sie dennoch nicht bekommen.

Von Hagen Eichler 09.07.2015, 03:02

Halle/Magdeburg l Im Mai hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die Bezahlung von Sachsen-Anhalts Richtern und Staatsanwälten in der Eingangsstufe R1 gegen das Alimentationsprinzip des Grundgesetzes verstößt, zumindest in den überprüften Jahren 2008 bis 2010. Vier Juristen aus dem Justizzentrum Halle hatten geklagt. Am Mittwoch hat das Finanzministerium erstmals angedeutet, wie es das Urteil umsetzen will. Geplant sind Nachzahlungen:

- 2,7 Prozent für 2008
- 0,1 Prozent für 2009
- 2,3 Prozent für 2010

Das sei allerdings noch nicht vom Kabinett beschlossen, betonte Regierungsdirektor Jürgen Maaß in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts Halle. Ebenfalls noch offen ist, ob alle 800 Richter und 200 Staatsanwälte im Land eine Nachzahlung bekommen sollen - oder nur jene 50, die sich damals juristisch gegen ihr niedriges Einkommen gewehrt hatten. Im letzteren Fall würde Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) mit einer Nachzahlung im niedrigen sechsstelligen Betrag davonkommen, andernfalls würde es deutlich teurer.

Die Kläger reagierten mit Empörung auf die Zahlen des Ministeriumsvertreters. Ein Aufschlag von 0,1 Prozent für 2009 bringe ihm nachträglich 60 Euro, sagte Norbert Hartge, von Beruf Staatsanwalt. Der Finanzminister sei offenbar der Meinung, dass er die Verfassungswidrigkeit mit monatlich 5 Euro abstellen könne. "Das ist eine Farce. Der Landtag wird sich diese Mogelpackung hoffentlich nicht verkaufen lassen", sagte Hartge nach der Verhandlung.

Doch auch der Vorsitzende Richter der zuständigen Fünften Kammer reagierte verwundert auf die Ankündigung aus dem Finanzministerium. Das Bundesverfassungsgericht hatte fünf Vergleichswerte festgesetzt, an denen sich die Richterbesoldung künftig orientieren muss, unter anderem die allgemeine Lohnentwicklung, die Inflationsrate und die Richtergehälter außerhalb von Sachsen-Anhalt. Bleibt die Besoldung in drei der fünf Kriterien deutlich hinter der allgemeinen Entwicklung zurück, ist sie verfassungswidrig.

Die Interpretation dieser Vorgabe geht indes auseinander. "Wenn das Bundesverfassunsgericht der Meinung ist, man darf zwei Kriterien reißen, dann ist das so", sagte Ministeriumsvertreter Maaß. "Nein", widersprach Richter Andreas Pfersich, "im Urteil steht nicht, dass es dem Landesgesetzgeber freigestellt ist, zwei Kriterien nicht zu beachten."

Bernd Harms, einer der vier Kläger, sieht den Geist des Karlsruher Urteils verletzt. "Was macht denn ein lauterer Dienstherr? Rechnet der spitz auf Knopf und grinst sich einen?", fragt er verständnislos. Letzteres nicht, sagt der Ministeriumsvertreter, spitz rechnen aber schon.

Das Finanzministerium sei offenbar willens, "alles, was an Interpretation möglich ist, zu Lasten der Besoldungsempfänger bis zum Anschlag auszuschöpfen", stellte der Vorsitzende Richter fest. Wenn die Richterbesoldung aber jedes Jahr 4,99 Prozent hinter dem Nominallohnindex zurückbleibe, warnte er, dann steigerten sich die Verluste exponentiell.

Bis zum Jahresende muss das Land nachträglich die Besoldung für 2008 bis 2010 erhöhen. Das Verwaltungsgericht Halle will nun klären, wie es mit den Folgejahren steht. Bis Mitte August muss das Finanzministerium dafür nachvollziehbare Vergleichsdaten vorlegen, entschied die Kammer.