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Böhmer und Kühn via Satellit in Masar-i-Sharif Familienbetreuern über die Schulter geschaut

Von Bernd Kaufholz 08.02.2011, 04:25

Magdeburg. "Na, wann ist es denn soweit?" geht Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) auf eine junge Frau zu, die ein sichtbares Bäuchlein mit sich herumträgt. "Am 17. März", antwortet Nicole. "Und wann kommt ihr Mann zurück?" "Am 17. März." Na, dann klappt ja alles", schmunzelt der Regierungschef und Gynäkologe.

Die Schwangere und ihre Schwiegermutter gehören zu den Angehörigen von Afghanistan-Soldaten, die gestern zu einer Veranstaltung des Familienbetreuungszentrums eingeladen wurden. Also der Einrichtung, die sich um Angehörige von Soldaten kümmert, die im Ausland eingesetzt sind. Das Magdeburger Zentrum ist gegenwärtig Ansprechpartner für 572 Angehörige von 319 Soldaten. Allein 423 Eltern, Ehefrauen und -männer haben zur Zeit Männer und Frauen im Tarn in Afghanistan.

Nicols Schwiegermutter verrät dem Vize-Generalispekteur der Bundeswehr, Wolfram Kühn, dass sie schon in Masar-i-Sharif nachgefragt habe, ob es dort "auch Besen gibt?". Sie erklärt Kühn den Brauch: "Wenn ein Mann bis zu seinem 30. Geburtstag nicht verheiratet ist, muss er die Rathaustreppe fegen." Hauptmann Andreas, Chef der Versorgungskompanie, wird in wenigen Tagen 30.

Die Satellitenstrecke ins Camp "Marmal" steht. Bataillonskommandeur Oberstleutnant Thilo Santüns" ist klar und deutlich zu sehen und zu hören. Es gehe allen gut, meldet er aus Nordafghanistan. Einige seiner Männer hätten zwar "das eine oder andere kleine Zipperlein", doch sei das "nicht auf Kampfhandlungen zurückzuführen".

Ministerpräsident mit Afghanistan-Erfahrung

Böhmer, der kurz vor Weihnachten selbst in Masar-i-Sharif war und Soldaten Sachsen-Anhalts in Kundus und Masar-i-Sharif besucht hatte, hört interessiert zu, als Santüns davon spricht, dass die Arbeit seit dem Besuch "nicht weniger geworden" ist. Santüns berichtet über die Aufgaben und erwähnt unter anderem, dass die speziell ausgebildeten und gefährdeten Bergungsteams bereits zu acht Einsätzen außerhalb des Camps ausgerückt sind.

Schmunzeln im Landeskommando und im Videoraum in "Masar" gleichermaßen, als Vizeadmiral Kühn fragt, ob die Stimmung vielleicht schlecht sei, weil es bald nach Hause gehe. Santüns versteht: "Natürlich freuen sich alle schon aufs Zuhause. Wir stehen ja bereits im 3. Monat. Ab März beginnt für uns Burger die Übergabe an das 25. Kontingent."

Böhmer mit Blick auf Nicole: "Naja, da gibt es ja noch das eine oder andere Fest, das ge-plant werden muss."

Befehl vom Appell im Oktober wiederholt

Die werdende Mutti aus dem Bördekreis verrät, dass sie nicht weiß, ob es ein Junge oder Mädchen wird. "Andreas und ich wollen uns überraschen lassen." Man habe sich nicht auf eine Farbe festgelegt, bestätigt auch die Schwiegermutter. "Bei den Farben für die Sachen waren die beiden sehr einfallsreich: braun, gelb ..."

Kühn zum Abschied via Satellit zu Santüns: "Ich wiederhole meinen Befehl von der Verabschiedung im Oktober in Burg: Kommen sie alle gesund wieder!"

Dann schließen sich die Türen für die Öffentlichkeit. Jeder der Angehörigen kann eine Zeitlang mit Afghanistan per Bildleitung sprechen.

Derweil informieren sich Böhmer und Kühn bei den Familienbetreuern. Oberstabsfeldwebel Dirk Richter, seit 2007 Chef des Magdeburger Zentrums, kann sich auf ein "Netzwerk der Hilfe" stützen. Dazu gehören unter anderem Seelsorger ebenso wie Psychologen, Sozialarbeiter und Bundeswehrverband.

Diplompsychologin Irmgard Männl sagt, dass es bei Soldaten nach Auslandseinsätzen "immer mehr psychische Belastungsstörungen" gebe. Allerdings räumt sie ein, dass es "keine Wunderpille" gebe und Betroffene auch mitarbeiten müssten. Das sei so zu verstehen, dass sie sich mit ihren Problemen Psychologen erst einmal anvertrauen müssten, damit ihnen geholfen werden könne.

Oberstabsfeldwebel Richter: Hauptaufgaben der Familienbetreuung sei "Hilfe und Unterstützung für die Angehörigen von Soldaten, Informations- und Betreuungsveranstaltungen durchzuführen und Vermittlung von Hilfe durch das Netzwerk.

Das Zentrum ist über eine kostenlose Hotline rund um die Uhr zu erreichen (08001006797). Mehr Infos im Internet über:

www.einsatz.bundeswehr.de