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Testlauf mit Komparsen am Flughafen Magdeburg-Cochstedt Mit Sonnenhut und Koffer: 200 Passagiere aber kein Flugzeug

Von Elisa Sowieja 19.03.2011, 05:31

200 Komparsen haben gestern am Flughafen Magdeburg-Cochstedt Passagiere gespielt. Bevor die erste Maschine am 30. März in Richtung Spanien abhebt, sollten Flughafenpersonal, Polizei und Zoll unter Echtbedingungen das Abfertigen proben – vom Einchecken am Schalter über den Koffertransport bis hin zur Sicherheitskontrolle. Die Volksstimme hat mitgespielt.

Magdeburg/Cochstedt. "Warum ich einen Strohhut trage? Na, weil wir gleich in den Süden fliegen!" Klar, doofe Frage. Schließlich soll das Abfertigen so realistisch wie möglich ablaufen. Da ist es nur vorbildlich, dass sich Beate und Wilfried Bautz ganz in ihre Rolle einfühlen. Genau wie die 198 anderen Komparsen waren auch sie dem Aufruf in Internet, Zeitung und Fernsehen gefolgt. Jetzt horchen die Magdeburger erst mal, wohin es überhaupt geht.

Das erklärt eine blonde nette Frau am Info-Schalter. Sie ist eine von rund 40 Flughafen-Angestellten, die mit den falschen Passagieren üben. Neben Servicepersonal zählen dazu Mitarbeiter für Check-In, Sicherheitskontrollen, Gepäcktrans- port und von der Feuerwehr. Außerdem sind Polizei- und Zollbeamte gekommen.

Obwohl die blonde Frau von fünf Seiten angesprochen wird, strahlt sie über das ganze Gesicht, beantwortet geduldig jede Frage. Dann drückt sie auf einen Knopf und säuselt sympathisch ins Mikro: "Der Check-In für Ihre Ryan-Air-Flüge nach Barcelona-Girona 601 und nach Alicante 803 wird jetzt an den Abfertigungsschaltern eins bis drei erfolgen." Binnen Sekunden bildet sich eine Schlange bis in die Wartehalle. Irgendwo reihen sich auch die Vorzeige-Komparsen Bautz ein.

Wer noch keine Lust auf Anstehen hat, schlürft im Gastro-Bereich einen Kaffee, bis der erste Schwung durch ist. Dann der nächste Aufruf zum Check-In. Nun aber los. Das Warten gestaltet sich durchaus unterhaltsam. Teil eins wird eingeläutet von einem "Achtung!". Feuerwehrmänner laufen mit einer Bahre durch die Menge. Für einen Kranken grinst der Transportierte ganz schön schelmisch. Im geht es auch blendend, er soll nur die Feuerwehr testen. Die Organisatoren haben mehrere solcher kleiner Herausforderungen eingebaut.

Teil zwei der Unterhaltung beginnt mit einem herrenlosen Koffer. Ein Zollbeamter erblickt ihn und setzt Ben darauf an. Ben ist ein Labrador und auf Rauschgift spezialisiert. Als er losschnüffelt, kommt der Besitzer angelaufen. Während der mit dem Zollmitarbeiter spricht, nähert sich ein Polizist, will den Koffer mitnehmen. Das ist nicht inszeniert, der Komparse hat sein Gepäck versehentlich stehen lassen. Das Missverständnis wird aufgeklärt, der Polizist nimmt die Personalien auf – Ordnung muss sein.

Am Check-In-Schalter geht es ganz schnell. Eine Mitarbeiterin kontrolliert den Ausweis, eine zweite kümmert sich um den Koffer: nach Flüssigkeiten fragen, wiegen, Bändchen dran. Dann gibt es noch Bordkarte, Kofferaufkleber, Werbezettel und Essenmarke. Fertig. Danach heißt es wieder anstehen.

Bei der Sicherheitskontrolle ist voller Einsatz gefragt: Jacke aus, Gürtel ab, Schuhe aus, durch die Torsonde, Arme hoch, drehen, linker Fuß hoch, rechter Fuß hoch, anziehen.

Während die Komparsen im Wartebereich auf die verregnete Landebahn starren – vielleicht hoffen einige insgeheim, es kommt doch ein Flugzeug und bringt sie in den Süden – wird das Gepäck durchleuchtet, auf Wagen gehievt und aufs Vorfeld gefahren. Nach ein paar Minuten geht es für die Koffer schon wieder zur Ankunftshalle.

Für die Passagiere öffnen sich endlich die Türen. Doch die folgende Reise dauert nicht mal eine Minute. Raus aus der Abflughalle, rein in die Ankunftshalle. Nach der Passkontrolle zieht jeder noch seinen Koffer vom Gepäckband. Nach drei Stunden ist die Simulation vorbei.

Und was sagen die Veranstalter zum Testlauf? "Die Abläufe haben gut funktioniert, auch wenn man natürlich immer Kleinigkeiten optimieren kann", freut sich Gunnar Sperling, Pressesprecher des "Airport Cochstedt-Magdeburg international". Einen Schuh- anzieher könne man zum Beispiel bei der Sicherheitskontrolle gebrauchen. Auch Sicherheitsmanager Frank Zohles zeigt sich zufrieden: "Es ist alles glatt gelaufen."

Jetzt ist nicht nur das Personal top vorbereitet – auch Familie Bautz ist es. Die beiden wollen nämlich im Sommer von hier aus in den Urlaub fliegen. Dann aber bitte auch an die Sonnenbrille denken.

Mehr Fotos finden Sie im Internet:

www.volksstimme.de/ sachsenanhalt