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Bertelsmann-Studie Jedes dritte Kind im Land ist von Armut betroffen

Von Silke Janko 09.04.2011, 06:27

Sachsen-Anhalt ist das Flächenland mit der höchsten Kinderarmut in Deutschland. Das geht aus einer aktuellen Studie der Gütersloher Bertelsmann-Stiftung hervor. Die höchste Quote innerhalb Sachsen-Anhalts verzeichnet der Landkreis Stendal.

Magdeburg. Im bundesweiten Vergleich steht Sachsen-Anhalt nach Berlin (35,7%) auf Rang zwei, gleichauf mit Bremen (30%). Im Vergleich der Flächenländer nimmt Sachsen-Anhalt einen traurigen Spitzenplatz ein. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 20,2 Prozent.

Die Gütersloher Stiftung des Medienkonzerns hat auf Basis des Jahres 2008 die Zahl der unter 15-jährigen Hartz-IV-Empfänger miteinander verglichen. Kinderarmut herrscht vor allem im Osten Deutschlands, heißt es in der Untersuchung. Aber auch vor einzelnen Regionen in den alten Ländern macht Kinderarmut nicht Halt. Die Stiftung sieht in der Kinderarmut, die sich in TeilenDeutschlands fast flächendeckend erstreckt, großen Handlungsdruck auf die Kommunen. Die seien wegen der massiven Ausgaben für Sozialleistungen - ein Fünftel des Etats wird für Soziales ausgegeben - an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Finanzielle Verbesserung für die Lage der Kinder seien damit, so die Gütersloher Forscher, nicht zu erwarten.

Auf Ebene der Landkreise liegen die Quoten im Bundesvergleich zwischen zwei und 38 Prozent: So liegt die höchste Quote in Sachsen-Anhalt im Landkreis Stendal, wo jedes dritte Kind (34,5%) in schwierigen Verhältnissen aufwächst. Von den elf Landkreisen und den drei kreisfreien Städten Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau haben acht Quoten von über 30 Prozent. Lediglich der Landkreis Börde liegt mit einer Armutsquote von 19,9 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Weitaus besser ist die Lage im Süden Deutschlands, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg (siehe Karte).

Das von Bertelsmann gezeichnete Bild ist zwar erschreckend, als Faktum für Sachsen-Anhalt allerdings weder neu noch unbekannt. Das Sozialministerium hatte bereits 2008 den zweiten Armuts- und Reichtumsbericht vorgelegt. Darin heißt es, dass vor allem 7- bis 15-jährige Kinder überproportional von Armut betroffen sind. Kinderarmut sei vor allem dort zu finden, wo beide Elternteile arbeitslos sind.

Die Linken-Landtagsabgeordnete Eva von Angern hatte gestern zu der Studie erklärt: "In Sachsen-Anhalt herrscht strukturelle Kinderarmut. Trotz Abwanderungsverlusten und Geburtenknick hat sich die Zahl derjenigen Kinder, die von Sozialgeld leben müssen, über die Jahre bei 30 Prozent verfestigt." Sie hoffe, dass die neue Landesregierung einen "unverstellten Blick" auf dieses Problem habe.

Der Sprecher des Sozialministeriums, Holger Paech, erklärte: "Vor dem Problem darf man die Augen nicht verschließen. Es gibt Kinderarmut in Sachsen-Anhalt." Die beste Medizin gegen Kinderarmut sei Arbeit, vor "allem gut bezahlte". Das Problem sei, es gebe viele Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse, von denen die Menschen ihre Familie nicht ernähren könnten und als sogenannte Aufstocker zusätzlich Geld vom Staat erhalten. Mit der Rückkehr zum Ganztagsanspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte bemühe sich die Politik, dass aus finanzieller Armut nicht auch noch Bildungsarmut entsteht.