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Landgericht Magdeburg wies Klage im 8000-Euro-Streit um ein teures "Hundeplätzchen" ab Rotes Sofa, rote Zunge: Oschersleber hat kein Sofa und keine 8000 Euro mehr

Von Bernd Kaufholz 13.04.2011, 04:35

Magdeburg. Sofa weg, Geld weg, Prozess verloren – aber Hund noch da. Auf diesen kurzen Nenner könnte man den Ausgang eines nicht alltäglichen Verfahrens vor der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg bringen.

Einzelrichter Christian Löffler wies gestern die Klage eines 39 Jahre alten Oscherslebers ab. Dieser hatte versucht, gerichtlich eine Generalüberholung seiner Nobelcouch beziehungsweise "Geld zurück!" einzuklagen.

Allerdings hatte die Kammer dabei nicht mitgespielt. Löffler: "In Zivilstreitigkeiten ist es so, dass die Beweislast beim Kläger liegt." Und der Kläger habe im vorliegenden Fall nicht beweisen können, dass das beklagte Möbelkaufhaus zugesichert habe, die mondäne Liegestatt neu beziehen zu lassen oder den Preis in Höhe von knapp 8000 Euro an den Käufer zurückzuerstatten.

Indirekter Auslöser des juristischen Streits war ein Rhodesian Ridgeback – ein sogenannter südafrikanischer Löwenhund – das knapp 65 Zentimeter hohe "Kuscheltier" von Dirk Wegener.

Der 39 Jahre alte Kläger hatte 2006 im Möbelhaus "Domicil" bei Irxleben im Bördekreis ein Ledersofa gekauft – drei Meter lang, 1,5 Meter tief, zweiteilig, mit karierten Kissen, rot, chick und bei einem Preis von 7900 Euro nicht gerade geschenkt.

Wegener gestern: "Ich habe beim Kauf darauf aufmerksam gemacht, dass ich einen Hund habe und dass der auch auf der Couch liegen wird." Man habe ihn jedoch nicht davor gewarnt, dass das "nicht feuchtigkeitsgeschützte Leder" extrem empfindlich ist. Und dass das Rot auf ausdauernd leckende Hundezungen ausgesprochen sensibel reagiert – mit immer heller werdenden, zuletzt zum Weiß hin tendierenden Flecken.

Wegener hatte sich mit "Domicil" in Verbindung gesetzt und den "Zungenabrieb" reklamiert.

Das Möbelhaus schickte dann auch einen Mitarbeiter, der sich den Schaden vor Ort ansehen sollte. Besagter Mitarbeiter – der gestern vom Gericht als Zeuge geladen war – schilderte seinen ersten Eindruck: "Ich hatte das Gefühl, irgendetwas stimmt hier nicht." Er habe mehr als 20 Jahre Erfahrungen als Möbelverkäufer – aber soetwas habe er noch nicht gesehen.

Helmut Dieckmann, inzwischen nicht mehr für "Domicil" tätig, kommentierte gestern: "Hund oder Sofa. Da muss man sich entscheiden. Beides passt eben nicht zusammen."

Doch um diese Frage ging es beim Verfahren letztlich nicht. "Herr Dieckmann hat mir zugesagt, dass versucht wird, das Sofa neu zu beziehen und wenn das nicht klappen sollte, es zu wandeln", bekräftigte Kläger Wegener gestern erneut. Zudem erläuterte er dem Gericht, dass er vor dem Möbelexperten mit Lappen, Wasser und Spülmittel einen Abriebtest gemacht habe. "Der Lappen war danach rot", so der Kläger. Daran konnte sich Dieckmann allerdings nicht erinnern.

Doch von "Zusagen, konkrete Maßnahmen betreffend", wollte der Zeuge gestern nichts wissen. Und dem unzufriedenen Käufer habe er nach der Sofa-Besichtigung einige Ledermuster nur deshalb zugeschickt, weil er versucht habe, ihm zu helfen.

Wegener hatte das Muster-Leder damals abgelehnt, weil es ihm "farblich nicht gefiel", wie er gestern erneut sagte.

Das Sofa war daraufhin abgeholt worden. "Für mich war damit klar, dass ich in irgendeiner Art und Weise Ersatz bekomme", so der Kläger. Ein Trugschluss, wie sich jetzt herausstellte. Denn nach dem Urteil steht der Oschersleber heute ohne Sofa da. Er hatte im Vorfeld des Gerichtsstreits das Angebot des Möbelhauses, das inzwischen in der Bremer "Domicil"-Zentrale begutachtete Flecken-Sofa zurückzunehmen, abgelehnt.

Zivilrichter Löffler in seiner Urteilsbegründung: "Zwei Aussagen standen im Widerstreit. Somit musste das Gericht zu einer sogenannten Beweislastentscheidung kommen. Und bei zwei für sich plausiblen und nachvollziehbaren, sich jedoch widersprechenden Behauptungen, war die Klage abzuweisen."

Dass das Möbelhaus möglicherweise gegen Vertragsnebenbestimmungen verstoßen habe, indem dem 39-Jährigen das "falsche Sofa" verkauft wurde, sei nicht Prozessgegenstand gewesen, schloss der Richter.