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Offener Brief von 106 niedergelassenen Orthopäden aus Sachsen-Anhalt: Wartezeiten für Patienten können noch länger werden

Von Wolfgang Schulz 27.04.2011, 04:31

Die Wartezeiten bei Fachärzten für Orthopädie, die bereits jetzt sehr oft inakzeptabel sind, können für Kassenpatienten noch länger werden. Darauf verweisen 106 Orthopäden in einem offenen Brief an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und Krankenkassen. Der Grund: Orthopäden beklagen Honorareinbußen und wollen mehr privat abrechnen.

Magdeburg. Der durchschnittliche Rückgang durch die Neuregelung der Honorarverteilung ab dem dritten Quartal 2010 betrage 19 Prozent, sagte der Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Orthopäden und Unfallchirurgen, Ronny Jaekel, der Volksstimme. "Mit der jetzigen pauschalen Vergütung von 18,95 Euro pro Patient im Quartal kann eine Praxis nicht mehr wirtschaftlich geführt werden", so der Orthopäde aus Genthin weiter, der zu den Mitunterzeichnern des offenen Briefes gehört.

"Mit dem Brief wollen wir sachlich und nüchtern darauf aufmerksam machen, dass durch die Verteilungsmechanismen in der KV der Anteil für die Orthopäden kleiner geworden ist und die Unsicherheit wächst, ob die Praxen ohne andere Einkommen weiter zu führen sind", sagte Jaekel.

Die niedergelassenen Orthopäden sehen sich gezwungen, so heißt es in dem Brief, "Kassenarzt-Sprechstunden zu reduzieren und andere, außerhalb der vertragsärztlichen Tätigkeit liegende Betätigungfelder zu suchen, um ihre Praxen weiter führen zu können". Jaekel: "Daraus ergibt sich zwangsläufig eine noch zunehmende Wartefrist auf einen Facharzttermin, ebenfalls droht eine Qualitätseinbuße der medizinischen Versorgung durch Personalabbau, Reduzierung technischer Leistungen oder Auslagerung in andere Fachgebiete." Der Beschluss der KV Sachsen-Anhalt, demnächst den Quartalsfallwert auf 21,34 Euro anzuheben, "ist dazu noch völlig unzureichend".

KV-Chef Burkhard John bestätigte sowohl den Honorarrückgang um 19 Prozent als auch die Anhebung ab 1. April um etwa 13 Prozent. "Die Honorierung für den Kernbereich in der orthopädischen Praxis lag früher relativ hoch", sagte John. Jetzt sei er auf dem normalen Niveau von Fachärzten. "Die Auswertung im Januar hat Honorarverwerfungen aufgezeigt." Mit der Anhebung der Pauschale ab April soll dem begegnet werden. "Mehr ist im Moment nicht machbar", so der KV-Chef. Von den Krankenkassen komme kein zusätzliches Geld. Mit Nachdruck wandte sich John gegen Bestrebungen, den Streit um Honorare auf dem Rücken der Kassenpatienten auszutragen. "Wenn die Orthopäden das versuchen, schießen sie sich ins eigene Knie", sagte er.

Sowohl der Ersatzkassenverband als auch die AOK reagierten mit Empörung. Eine künstliche Verknappung der Sprechzeiten anzudrohen, sei skandalös, sagte Ersatzkassensprecher Volker Schmeichel. AOK-Chef Uwe Deh verwies darauf, dass die Honorare der Ärzte in Sachsen-Anhalt in den vergangenen drei Jahren um 25 Prozent gestiegen seien. Ganz falsch sei es deshalb, von den Versicherten mehr Geld zu verlangen, nur weil sich die Ärzte untereinander nicht über die Verteilung der Honorare einigen könnten, sagte Deh. Dafür müsse ein Weg gefunden werden.Meinung