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Der Wolf ist heimisch in Sachsen-Anhalt Zwei Wölfe auf Sendung: Aber Zora meldet sich nicht

Von Silke Janko 30.04.2011, 06:32

Sachsen-Anhalt gehört neben Sachsen zu den beiden Bundesländern in Deutschland, in denen sich Wolfsrudel auf natürliche Weise etabliert haben. Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU) erklärte gestern bei einem Besuch auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow, der Wolf ist in Sachsen-Anhalt willkommen. Von der Jungwölfin "Zora" fehlt allerdings jede Spur.

Altengrabow. Zora hat sich seit zehn Tagen nicht gemeldet. Ihr letzter Aufenthaltsort, so zeigen es die Daten aus dem Sender, die per SMS übermittelt werden, lag in der Nähe von Wollin (Brandenburg). Doch Gesa Kluth vom Wildbiologischen Büro "Lupus", das das Telemetrieprojekt betreut, hofft, dass sich die knapp einjährige Jungwölfin nur in einem Funkloch aufhält. "Dass sich die Tiere längere Zeit nicht ,melden‘, ist nicht ungewöhnlich", erklärt die Biologin.

"Zora" und ihre Schwester "Tina" waren im März mit einem Senderhalsband ausgestattet worden, das per SMS die Aufenthaltsdaten der Tiere übermittelt. Die Jährlinge entstammen dem neun Welpen umfassenden Wurf aus dem April 2010. In diesen Tagen, wo der neue Nachwuchs auf die Welt kommt, spaltet sich der Nachwuchs des Vorjahres von den Elterntieren ab und geht seine eigenen Wege.

Aus den jetzt zur Verfügung stehenden Daten geht hervor, dass sich die beiden Tiere vor allem auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow (Jerichower Land) aufhalten. "Dort fühlen sie sich offenbar sicher", so Kluth. In der Nacht unternehmen die beiden Jungwölfinnen – teils zusammen, teils einzeln – auch mal Spritztouren, die bis zu 15 Kilometer entfernt liegen. So war "Tina" bereits in der Umgebung von Möckern geortet worden. Die Hauptrichtung der Ausflüge geht ostwärts – ins Brandenburgische. Aussagekräftige Informationen über das Verhalten der Wölfe liefern auch sieben Fotokameras, die auf dem Truppenübungsplatz installiert sind.

Für Forstoberrat Kurt-Werner Balke, Chef des Bundesforstbetriebes Nördliches Sachsen-Anhalt, ein Hinweis auf "ergiebige Jagdgründe". Dass der Wolf dort heimisch ist, darüber ist der Bundesforst (er betreut die Truppenübungsplätze) gar nicht so böse. Ihre hauptsächliche Nahrung sind Rehe, aber auch Hasen und Rotwild.

Dass Meister Isegrim spaltet, dessen sind sich die Beteiligten bewusst. Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU): "Wir heißen den Wolf in Sachsen-Anhalt willkommen. Er gehört zu unserem Kulturkreis." Ein gutes Miteinander zwischen Mensch und Wolf habe für ihn "oberste Priorität". Aeikens verweist auf Entschädigungszahlungen für Tierhalter, so wie jüngst nach dem Riss von mehr als 20 Mutterschafen im rund 11 Kilometer entfernten Gollbogen. Voraussetzung sind allerdings Schutzmaßnahmen, für die auch Fördermittel im 30-Kilometer-Umkreis beantragt werden können.

Die beiden Biologinnen vom Lupus-Büro aus Sachsen, Gesa Kluth und Ilka Reinhardt, sind wohl Deutschlands bekannteste Wolfskenner. Die beiden Frauen wollen Ängste gegenüber dem Vorfahren des Hundes abbauen. "Wer einen Wolf sieht, sollte sich freuen. Das ist ein tolles Erlebnis und kommt höchst selten vor." Sie hoffen und wünschen sich, dass die Leute diese Erfahrung machen.

Sachsen-Anhalt und Sachsen sind deutschlandweit die einzigen Bundesländer, in denen sich ganze Wolfsrudel auf natürlichem Wege angesiedelt haben: In Sachsen gibt es sechs Rudel, in Sachsen-Anhalt eins. Darüber hinaus sind in Mecklenburg-Vorpommern und im Norden Brandenburgs einzelne Tiere nachgewiesen. Ende der 90er Jahre waren die ersten Wölfe, mehr als 100 Jahre nach ihrer Ausrottung, von Polen eingewandert.