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Diskus-Olympiasiegerin Ilke Wyludda aus Halle Nach Beinamputation: Nun Traumberuf Ärztin

Von Gerd Holzbach 10.01.2011, 04:29

Halle (SID). Trotz ihres schweren Schicksalsschlages startet Diskus-Olympiasiegerin Ilke Wyludda in Kürze wie geplant ihre Karriere als Ärztin. Ihre erste Stelle tritt die 41-Jährige in der Unfallklinik Bergmannstrost an, in dem Krankenhaus, in dem ihr am 9. Dezember das rechte Bein oberhalb des Knies amputiert werden musste. "Es gab nur die Wahl, mein Bein zu verlieren oder mein Leben", meinte Ilke Wyludda gestern in einem Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID).

"Medizin zu studieren, war mein Traum von Kindesbeinen an. Ich habe dies wegen meiner Sportkarriere damals hinten angehängt", sagt die Frau, die 1990 beim letzten Auftritt der DDR in Split/Kroatien und 1994 im gesamtdeutschen Team in Helsinki Europameisterin, 1991 in Tokio und 1995 in Göteborg WM-Zweite war. Mit ihrer Bestleistung von 74,56 m aus dem Jahr 1988 wurde sie nur einmal übertroffen: Vom Weltrekordwurf ihrer Klubkameradin Gabriele Reinsch ein Jahr zuvor auf 76,80.

"Ich hatte eine Infektion im Unterschenkel, schon seit langem. Sie sollte verschlossen werden. Daraus hat sich eine Sepsis entwickelt", sagt Ilke Wyludda zum tragischen Verlauf. "50 Prozent aller Betroffenen überleben eine solche Infektion nicht", sagt Ilke Wyludda, die sich gemeinsam mit ihrem Arzt Prof. Andreas Tiemann zur Amputation entschied.

Nicht nur als Ärztin wusste sie allzu gut, wie solche Situationen enden können. Auch der Ehemann ihrer früheren Physiotherapeutin erlitt eine Sepsis, schreckte vor einer Amputation zurück. Vier Wochen später war er tot. "Es gab keine Alternative. Es ist eine Sache der Lebenssituation, wie man damit zurecht kommt", sagt Ilke Wyludda, die knapp zwei Wochen nach ihrer Amputation am 20. Dezember ihre letzte Staatsprüfung im Medizinstudium abgelegt hatte und am 21. Januar ihre Approbation als Ärztin erhalten wird. "Ich werde meine Stelle in der Klinik auf jeden Fall in Kürze antreten. Ein genauer Termin steht noch nicht fest", sagt sie, die sich allerdings erst einmal auf die Anästhesie konzentriert und nicht wie geplant auch auf die Schmerztheraphie.

Schon zur Zeit ihrer Sportkarriere hatte sie oft Bekanntschaft mit schweren Verletzungen: Bis Olympia 2000 in Sydney hatte sie fünf Operationen, davon zwei an gerissenen Achillessehnen. Weil die Wunde nicht heilen wollte, wurde eine Hauttransplantation vorgenommen, deshalb saß sie 1997 vier Monate im Rollstuhl. Nach dem Riss eines Brustmuskels beendete sie dann 2001 ihre Laufbahn. Sie startete mit Elan ins Berufsleben.

Nachdem sie parallel zum Diskuswurf Diplomsport studiert hatte, absolvierte sie an der Fachschule eine Ausbildung als Physiotherapeutin und leitete dann über Jahre erfolgreich eine Praxis mit mehreren Angestellten. Dann lockte endgültig das Medizinstudium.

Und dann der Schicksalsschlag: "Das Leben ist, wie es ist. Wohnung und Auto müssen nun umgebaut werden. Ich muss einiges der neuen Situation anpassen. Aber entscheidend ist, dass ich als Ärztin eine Aufgabe habe. Am Ende steht die Lebensperspektive", sagt die gebürtige Leipzigerin. Ihr früherer Coach Gerd Böttcher, lange Jahre auch Bundestrainer, ist zuversichtlich: "Sie ist eine, die sich immer durchgebissen hat. Ilke kann mit dieser Situation umgehen."