1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Existenzgründer mit Handicap: Der mutige Schritt bewährt sich

Die Gründer des Projektes "enterability" ziehen eine erste Bilanz Existenzgründer mit Handicap: Der mutige Schritt bewährt sich

Von Corinna Siepenkort 13.04.2012, 03:22

Magdeburg l "Viele Menschen sind erstaunt, dass ich einen Behinderungsgrad von 50 Prozent habe", sagt Dirk Hein aus Ballenstedt. Auf den ersten Blick sieht man ihm und den Existenzgründern Kathlen Hepke und Dirk Hein aus Wittenberg das Handicap nicht an. Doch wegen ihrer Behinderungen benötigen die drei im Arbeitsalltag einen individuellen Rhythmus.

Das in Sachsen-Anhalt vor gut einem Jahr gestartete Existenzgründerprojekt "enterability" unterstützt schwerbehinderte Menschen bei dem großen Schritt in die Selbständigkeit. Bislang nutzen 40 Menschen das vom Ministerium für Arbeit und Soziales geförderte Beratungsprogramm. Möglich wären doppelt so viele Beratungen. Das vierjährige, mit 600000 Euro geförderte Modellprojekt wurde somit schlechter angenommen als von den Initiatoren erhofft. Bislang wagten immerhin sieben Unternehmensgründer mit Hilfe des Projektes den Schritt in die Selbständigkeit.

Dirk Hein ist einer von ihnen. In seiner Firma "Personality Man" bietet der gelernte Baumaschinenführer seine Fahrtätigkeit auf Baufahrzeugen jeglicher Art und Hausmeistertätigkeiten an. "Ich bin der Mann für alle Fälle", sagt der 39-Jährige. Den Arbeitsrhythmus und die Anzahl der Aufträge kann der Diabeteskranke seinem Handicap anpassen.

Diese Flexibilität gab auch für Kathlen Hepke den Ansporn, sich selbständig zu machen. In ihrem Studio der Klangmassage verwöhnt die 48-Jährige ihre Kunden mit fernöstlichen Massagepraktiken. Die frühere Sozialarbeiterin konnte auf dem Arbeitsmarkt nur schlecht Fuß fassen. "Wegen meiner schweren Darmerkrankung war jeder Schritt beschwerlich", sagt sie. Seit Februar ist sie ihr eigener Chef. "Ich bin immer noch etwas ängstlich, aber dieser Weg ist der richtige für mich", sagt Kathlen Hepke.

Das sei schlichtweg das Wichtigste, erklärt Sozialstaatssekretärin Beate Bröcker (SPD). Es ginge den Projektmitarbeitern ohnehin nicht um Zahlen, sondern um eine erfolgreiche Integration der behinderten Menschen auf dem Arbeitsmarkt. "Wir wollen jedoch niemanden in ein Abenteuer schicken, sondern in eine solide Zukunft", so Bröcker. Das umfasse auch, Beratungssuchenden von aussichtslosen Plänen abzuraten.

Bertram Freihube ist ein Künstler durch und durch und froh, dass er sich jetzt verwirklichen konnte. "Die Idee, mir als Grafikdesigner ein eigenes Atelier einzurichten, kam aus der Arbeitslosigkeit heraus", sagt der 43-Jährige, der an einer angeborenen Anämie leidet. In seinem Ladenatelier Kunstkonsum hat er sich auf Papierdesign spezialisiert.

"Diese Beispiele zeigen, dass sich das Projekt lohnt", resümiert Projektleiter Manfred Rademacher.